„Erdepflklaam“ in früherer Zeit"

Geschrieben von Helga Kamm_hka am . Veröffentlicht in Nachrichten zu Hahnbach.

Ein alter Bulldog und ein moderner Vollernter, dazwischen eine Gruppe von „Erdepflklaabern“ mit Drahtkörben und Krätzn. In Hahnbach wurden Kartoffeln geerntet wie in längst vergangener Zeit

Kunden, die auf den Trummerhof zum Kartoffel kaufen gekommen waren, staunten nicht schlecht. „Sind die aus dem vorigen Jahrhundert?“, fragten sie angesichts der Gruppe von Frauen, Männern und Kindern, die im Hof schwatzten und lachten.

Zurecht, denn deren Kleidung entsprach so gar nicht nicht der heutigen Mode

Die ausgetretenen Schuhe des Josef hatten nicht einmal einen Schnürsenkel, Cornelias Kleid war bodenlang und sie trug eine Haube auf dem Kopf.

Helga, Sylvia und Marianne hatten Kopftücher umgebunden und Fiada (Schürzen). Auf Erhards Kopf saß ein lädierter Strohhut und auch die Kinder waren einfach bäuerlich angezogen.

Der Grund für all diese Verkleidung: Es wurden Fotos gemacht über das „Erdepflklaam“ in früherer Zeit

Die Idee kam von Martin Franitza, dem Verleger des Rosenberger Dorfmagazins „Rosenbladl“ . Er wird in einer späteren Ausgabe seines Magazins die bäuerliche Arbeit von damals mit der heutigen vergleichen.

„Es kann losgehen“, rief Thomas Trummer zum Start. Der Hahnbacher Kartoffelbauer war angetan von der Idee des öffentlichen Kartoffelklaubens, „weil das Wissen darum unwiederbringlich verloren geht“.

Er brachte seine „Erntehelfer“ auf den nahe gelegenen Hofacker , wo bereits Josef Kustner seinen historischen Eicher Puma-Bulldog geparkt hatte. „Schon lang wurde er nicht mehr gebraucht, aber er fährt immer noch wie eine Eins“, lobte der seinen 28 PS-Oldtimer aus dem 1960er Jahren. Angehängt hatte er einen von der Zeit schon arg mitgenommener Lanz-Kartoffelschleuderer aus den 1950 Jahren.

Staubwolken stiegen auf, als Josef seinen Buldog startete und der Schleuderer mehrere Reihen Ackerboden umgrub. Die Erdepflklaaber mit ihren Drahtkörben und geflochtenen Krätzen (Körben) folgten und sammelten die Kartoffeln auf.

„Was ihr klaubt, gehört euch“, versprach Thomas Trummer seinen „Erntehelfern“

Sie fanden Frühkartoffeln der Sorte Mia, große wie eine Männerfaust oder kleine wie Murmeln ,füllten im Nu damit ihre Körbe und Krätzen. Vor allem die Kinder waren mit Begeisterung dabei, scharrten mit nackten Füßen im sandigen Boden und förderten noch manche vergessene Kartoffel zutage.

„Es ist grad so wie es früher war“, staunte der Josef in Erinnerung an seine Kinderzeit. Und für Adrian, Mia und die anderen Kinder war das Erdepflklaam ein Ferienerlebnis, das sie nicht vergessen werden.

Mittlerweile waren die Hände braun von der Ackererde, die Stirn schweißnass, der Rücken spürte das Bücken. Trotz der Arbeit wurde geredet und gelacht, und als Marianne ein Lied anstimmte, fielen die anderen mit ein: „Erdepfl hom ma gestern ghat, Erdepfl hom ma heit, Erdepfl hom ma alle Doch, des is a Freid“.

Aber auch ernsthafte Gedanken waren gekommen bei dieser uralten Tätigkeit

Respekt vor der mühevollen Arbeit in früherer Zeit, Dank für eine gute Ernte, Zufriedenheit über ein erfolgreiches Arbeiten in der Natur.

Während die Erdepflklaaber mit ihren vollen Körben zurück auf den Trummerhof gingen, lenkte auch der Josef den Eicher Puma in Richtung Garage. „Arbeiten muss er wieder am 14. September beim Trummer-Hoffest“, sagte er, „da dürfen Kinder kostenlos Erdepfl klaam und mitnehmen“.

Auf dem Hofacker ging indes das Ernten der Frühkartoffeln weiter, diesmal aber mit modernster Technik. Thomas Trummer ließ seinen 130 PS starken Kartoffel-Vollernter Fendt 313 graben, der bis zu sieben Tonnen der Ackerfrüchte gereinigt von Kraut und Steinen aufnehmen kann.

Zitat
Es is grad so wie früher.
Josef Moosburger über das Erdepflklaam in Hahnbach

Hintergrund

– Frühkartoffeln sind nach etwa 120 Tagen erntereif, also etwa Mitte Juni.
– Die Hälfte der deutschen Kartoffeln wird in Niedersachsen angebaut.
-Die meisten Kartoffeln werden von den Russen gegessen, gefolgt von den Ukrainern und Weißrussen.