OGV besucht ehemalige Synagoge in Sulzbach-Rosenberg
Der Obst- und Gartenbauverein Hahnbach und Umgebung war zum Besuch der ehemaligen Synagoge auf der „Goldenen Straße“ nach Sulzbach gekommen und der Stadtheimatpfleger Dr. Markus Lommer begrüßte in der „besonderen Erinnerungs- und Begegnungsstätte“.
Dr. Lommer führte auf einer „Zeitreise“ durch die Synagoge, welche zu den bedeutendsten und schönsten jüdischen Bauten Deutschlands gehöre. „Sich der Wurzeln der abendländischen Kultur zu erinnern, deren Gesellschaftswerten, Traditionen, Freiheiten und ihrer humanistischen sozialen Entwicklung“ sei gerade in unserer Zeit sehr geraten, betonte er.
Schließlich basierten unsere Werte alle auf dem Dekalog, den sogenannten „10 Geboten“ und seiner Fortsetzung bis hin zu den Menschenrechten und dem Bildungsauftrag an alle heute. Ein Verlust des Wissens um diese Wurzeln gefährde fundamental unsere Zivilisation, betonte er und verwies auf die steigende Zahl von (kulturellen) Analphabeten in Deutschland.
Als großes Beispiel gelebter Toleranz, welche durch den Dialog aller Religionen zu Frieden und Wohlergehen aller geführt habe, sei das Simultaneum des Sulzbacher Herzogs Christian August aus dem Jahr 1666.
Dieser „gelehrteste Fürst seiner Zeit“ habe in seinen 63 Regierungsjahren durch das Fördern aller Geisteseinrichtungen beispielhaft vorgelebt und bewiesen, dass von einer toleranten Gemeinschaft und Akzeptanz letztendlich sämtliche Bürger profitieren. So habe es unter seiner Regentschaft und auch der seiner Nachfolger Theodor Eustach und Carl Theodor nie ein Ghetto für Juden in Sulzbach gegeben, sondern eine Verteilung der Häuser, Geschäfte und Wohnungen über die ganze Stadt hinweg.
Die größte Dezimierung gerade auch bei der jüdischen Bevölkerung habe dann die Abwanderung nach Amerika in den Jahren von 1850 bis 1933 bewirkt. Dieser „geistige Aderlass für Europa“ wirke sich bis heute negativ aus, so Lommer. Viele Wissenschaftler, Künstler, Komponisten und gebildete Frauen und Männer hätten dann in der neuen Heimat, den Vereinigten Staaten von Amerika, eine prosperierende Wissenschaftskultur geschaffen, welche letztendlich der neuen Heimat in vieler Hinsicht einen nicht mehr einholbaren Vorsprung verschafft habe.
1934 sei die Synagoge, welche nicht nur Glaubensmittelpunkt, sondern auch Gemeindehaus und Fortbildungsstätte war, zum Museum erklärt worden und 1938 ganz aufgelöst worden. Die verbliebenen neun sulzbacher Juden seien enteignet worden und verließen die Stadt. Zwei Kidduschbecher und das in Amerika gefundene Tagebuch der Charlotte Stein-Pick und weitere Hörstationen erzählen in der Synagoge authentisch von jener Zeit.
Verschiedene Nutzungen des Gebäudes folgten bis zum Ankauf durch die Stadt Sulzbach-Rosenberg im Jahr 2008, der Renovierung und der Eröffnung dieses „Nach-Denkmals“ „genau auf den Tag, dem 11.9. im vorigen Jahr“. So seien nun die Besucher des OGV Hahnbach sogar die „Jubiläumsgäste“, freute sich der Stadtpfleger.
Dr. Lommer begeisterte seine Zuhörer zudem mit profundem Wissen über das Druckereiwesen in Sulzbach, welches weltweit zu den fünf Größten gehört habe und zeigte das älteste Buch aus dem Jahr 1669 sowie eine Pessah-Haggada von 1711. Alte Bibeldrucke von Eß und die Allioli-Bibel stellte er auf der Frauentribüne vor und verwies auf den Hochzeitsstein mit dem „Magen Davids“, dem „Davisstern“ im Innenhof und den Brauch des „Mazel tov“, der u.a. zum Spruch, dass „Scherben Glück bringen“ geführt habe.
Josef Moosburger, der zweite Vorsitzende des Vereins, dankte Dr. Markus Lommer herzlich für seine kompetenten Ausführungen in diesem „Schatzkästchen Sulzbachs“, welches weitere Besuche jederzeit lohne.
Dr. Markus Lommer begeisterte den OGV Hahnbach in der Sulzbacher Synagoge mit seinem engagiertem Vortrag und perfektem Detailwissen
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