Erlösung oder Befreiung – mit dem Flugblatt „Wir kommen“
Anlässlich der 70. Wiederkehr des Jahrestages der Besetzung des Marktes Hahnbach durch die US-Armee berichtete Heimatpfleger Ludwig Graf im Rahmen einer AOVE-Führung von den damaligen Ereignissen und ihrer Vorgeschichte.
Zum Zeitpunkt der Reichtagswahl am 5. März 1933 zählte Hahnbach 903 Einwohner. 1. Bürgermeister war Leonhard Riß und sein Vertreter Georg Trösch. Beide zwang samt Gemeindeausschuss am 24. April 1933 Kreisleiter Dr. Kolb zum Rücktritt. Als Nachfolger wurde Georg Bäumler eingesetzt.
Die Leitung der am 26. März 1933 gegründeten Ortsgruppe der NSDAP übernahm Jakob Siegert. Mehrere Straßen erhielten neue Namen. Die Hauptstraße: Adolf-Hitler-Straße, die Breite Gasse: Hermann-Göring-Straße und die Mühlgasse: Hans-Schemm-Straße.
Mit der Einführung der Wehrpflicht im Jahre 1936 waren in Hahnbach und Umgebung fast laufend Einquartierungen, unter anderem die Einheiten der Waffen-SS Nordland und Wiking. Das Verhältnis der Soldaten zur einheimischen Bevölkerung war gut. Allmählich beeinflusste die Partei auch das kulturelle Leben.
Für das Jungvolk, die Hitlerjugend (HJ) und den Bund Deutscher Mädchen (BdM) wurde im Amberger Tor ein Jugendheim eingerichtet. Die Kreisfilmstelle der Partei führte im Saal des Gasthauses Post mit steigender Besucherzahl Filmvorführungen durch.
Auf Anweisung von Kreisleiter Kolb sollte 1934 das unter Leitung von Pfarrer Friedrich Schrems renovierte Kreuz am südlichen Kirchplatz abgebaut werden. Bei einem Gespräch mit ihm und dem Ortsgruppenleiter einigte man sich, dass der vergoldete Corpus mit brauner Farbe überstrichen wird.
Auf dem jetzigen Schulgelände wurde ein Landdienstlager für 32 Jugendliche errichtet, dessen Leitung ein eigener Landdienstführer hatte. Diese waren bei Bauern in Hahnbach und Umgebung eingesetzt.
Bürgermeister Bäumler zeigte sich mit den Maßnahmen des 3. Reiches nicht einverstanden. Wegen Nichttragens des Parteiabzeichens kam er vor das Kreis- und Gaugericht und wurde 1944 seines Dienstes enthoben. Ebenso traf es seinen Nachfolger, Josef Gold, bald darauf.
Im März 1945 berichtete Gendarmerieposten Ludwig Kneidl, dass die Stimmung und Haltung der Bevölkerung gegenüber den Machthabern etwas besser geworden ist. Die Verdunkelungsvorschriften wurden eingehalten, nachdem fast jede Nacht das hiesige Gebiet von feindlichen Flugzeugen überflogen wurde.
Unter Führung von Georg Falk errichteten Hahnbacher Bergleute einen großen Luftschutzraum in der Vilsecker Straße, indem sie drei dort befindliche große Felsenkeller miteinander verbanden. Dorthin zog in den Abendstunden des 21. April der größte Teil der Bevölkerung, zusammen mit Ortspfarrer Johann Meyer. Um Mitternacht begann die Beschießung des Marktes aus Richtung Kreuzberg und Vilstal mit Sprenggranaten. Der Kirchturm und das Anwesen des späteren Bürgermeisters Strobl wurden schwer beschädigt.
Pfarrer Meyer schrieb in seinen Aufzeichnungen: „Am Sonntag, 22. April früh, beschloss ich mit dem Allerheiligsten und den Schulschwestern zu den Felsenkellern zu gehen. Die Leute atmeten auf; gegen 7.00 Uhr wurde Generalabsolution gegeben und die Kommunion ausgeteilt.“ Unterdessen wurde der Markt wieder mit Artillerie beschossen. Mit acht Granatvolltreffern auf die Pfarrkirche wurde das Dach des Seitenschiffes völlig zerstört.
Gegen 10.00 Uhr rückten die Amerikaner in Hahnbach mit Fahrzeugen an die Keller heran. Außen waren weiße Tücher befestigt. Ein Belgischer Kriegsgefangener ging mit einer weißen Fahne aus dem Keller und vermittelte den Amerikanern, dass sich hier nur Frauen mit Kindern und ältere Männer, aber keine Soldaten aufhalten. Alle mussten die Keller verlassen und wurden Richtung Süß geführt.
Nach der Durchsuchung Einzelner durften sie gegen 16.00 Uhr in die Häuser zurückgehen. Am nächsten Tag kamen etwa 20 Russen aus dem Gefangenenlager Sulzbach-Rosenberg und plünderten den Markt. In der Knabenschule wurde die amerikanische Kommandantur eingerichtet.
Mit der Besetzung Hahnbachs durch amerikanische Truppen endete auch die Amtszeit des bis dahin amtierenden Bürgermeisters und NSDAP-Ortsgruppenleiters Jakob Siegert. Vorübergehend wurde nochmals Georg Bäumler als Bürgermeister eingesetzt, der nach der Verhaftung wegen Parteimitgliedschaft von Johann Baptist Kotz als kommissarischer Bürgermeister abgelöst wurde.
Viel einheimische und auswärtige Bewohner interessierten sich für die Erzählungen von Heimatpfleger Ludwig Graf (links)
In den Kellern an der Vilsecker Straße, unweit des jetzigen Erlebnisweges, suchten etwa 250 Bewohner von Hahnbach Schutz vor den Luftangriffen
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