„Besondere Menschen“ in Hahnbach heute Teil 5 - Josef Koller (+1985)

Geschrieben von mma am . Veröffentlicht in Nachrichten zu Hahnbach.

Josef Koller wurde am 9. Dezember 1899 geboren und verstarb am 27. Oktober 1985

Josef Koller (9. Dezember1899 – 27. Oktober1985) wurde in Süß geboren, erlernte nach seiner Schulentlassung das Mechanikerhandwerk und kam bereits mit 16 Jahren in die damalige königlich bayerische Gewehrfabrik nach Amberg als Werkzeugmacher. Mit 18 Jahren wurde er zu den Waffen geholt und kam gleich an die Front nach Frankreich. Mit einer dort zugezogenen Gelbkreuzvergiftung wurde er schwerkrank in die Heimat entlassen.

Mit 22 Jahren trat er 1921mit Maria Bachmeier aus Sulzbach-Rosenberg (28. Oktober1900 – 27.September 1973) an den Traualtar.

Damals arbeitete er in der Maxhütte, die ihn aber, mit vielen anderen, 1933 in der Wirtschaftskrise ausstellte. Nun war guter Rat gefragt und er kam auch tatsächlich – ganz unerwartet – vom damaligen Pfarrer Friedrich Schrembs (1. August 1890 – 26.Mai1966). Dieser wusste darum, dass der geschickte Handwerker aus der Rathgasse 3 eines der damals seltenen Autos fuhr, einen DKW Wanderer und dann einen Hanomag.

Ein Mietwagen, eine Weihnachtsgans und ein Ziehwagen wurden enorm wichtig im Leben der Familie Koller

Schrembs bot sich sogar an, für ihn zu bürgen, sollte dies nötig sein. Er wünschte nämlich, dass Koller den Hahnbacher Allgemeinarzt Doktor Kreuzer, der im ehemaligen Arzthaus in der Ambergerstraße seine Praxis hatte (das war dort, wo heute das Rathaus steht), der kein Auto hatte, zu dessen entfernt wohnenden Patienten fuhr.

Koller begleitete bald schon darauf den Landarzt regelmäßig zu Hausbesuchen. Er fuhr aber auch die Hebamme zu den Gebärenden und bald schon taten sich weitere Felder auf: Transporte zum Bahnhof und zurück, Brautpaare und Gäste zu den Festivitäten und zurück und auch für Kindstaufen und ähnliches forderte man gerne seinen Service an.

Nur zu gerne war er auch Chauffeur für den Benefiziaten Heinrich Hager (6. September1906 – 2. Juni1966). Jeden Sonntag ging es mit ihm, und gar nicht so selten mit einem der Kinder, in die Filialkirche nach Iber zum Gottesdienst. Vor allem auch die Kinder freute es am meisten, dass „der Bene“, sein Fahrer und auch eine „Begleitperson“ jedes Mal von einer anderen Familie dort zum Mittagessen eingeladen waren.

Natürlich bedeutete dieser Fahrdienst „im Auftrag des Herrn“ aber auch, dass Koller selbst bei schlimmstem Wetter, bei Eis und Schnee oder zu mitternächtlicher Stunde zum Beispiel an Weihnachten oder bei Versehgängen „raus“ musste.

Auch der damalige Landrat Winkler buchte ihn immer wieder für weitere Fahrten und so waren Kollers Einkünfte neben seiner Werkstatt relativ gesichert.

Aber 1939 sollte sich alles ändern: Koller wurde nach Dessau zur Arbeit in einen Rüstungsbetrieb beordert. Kaum hatte er diese Verpflichtung erhalten, zerlegte er sein Auto in Motor und Karosserie. Den Motor versteckte er in seinem Anwesen, die Karosserie kam zum Krammerl in die Rückgebäude an der Hauptstraße. Für den Rüstungsbetrieb in Dessau war er daraufhin primär im Einkauf in ganz Deutschland zuständig und kam so viel herum.

Da Koller sich nie der NSDAP anschloss, erhielt er wohl 1944 deshalb den Befehl, mit seiner Familie im neuen Jahr nach Polen zur Neuansiedlung umzuziehen. Die Familie bestand damals aus ihm und seiner Frau Maria, den Söhnen Willi (27. Juni1921 – Oktober 1942, vermisst auf einem U-Boot), Manfred (*16. März1937) und der Tochter Eleonora, genannt Ella (*20. Februar.1933).

Josef Koller und seine Kinder im Jahre 1939

Nachbarn erinnern sich noch daran, dass der älteste Sohn Willi wohl das einzige Kinderfahrrad von ganz Hahnbach hatte. Mit diesem auch nur eine kleine Runde drehen zu dürfen, war „als hätte man heute einen Flug geschenkt bekommen“, weiß noch der 97 jährige Martin Heldmann.

Man kann sich kaum vorstellen, was eine Umsiedlung wohl für alle bedeutet hätte, wäre da nicht eine geschlachtete Weihnachtsgans gewesen. Die Kollers hatten nämlich sechs Gänse für den Eigenbedarf gefüttert. Eine davon nahm Josef Koller, gerupft und bratfertig, mit nach Dessau, für seinen besten Freund, praktisch als Abschiedsgeschenk. Als er aber dort ankam, war jener bereits versetzt worden.

Geistesgegenwärtig schenkte Koller die Gans dem Geschäftsführer. Dieser war in der damals schwierigen Zeit derart darüber erfreut, dass er sich gerne revanchierte und Koller als „unabkömmlich“ eintragen ließ. So entkam die Familie Koller dank einer Weihnachtsgans einem sicher schlimmen Schicksal.

Koller kehrte nach dem Krieg 1945 wohlbehalten zurück nach Hahnbach und baute eine Werkstätte nahe der Vilsbrücke, die er immer wieder erweiterte. Schließlich baute er auch sein Auto wieder zusammen und nahm seinen Mietwagenservice wieder auf.

Doch es war ein Ziehwagen und kein Automobil, das er bald darauf benutzen sollte. Zwei Nächte lang hatten sich viele Hahnbacher mit Schwestern und Pfarrer in den Kellern an der Bayreutherstraße vor der Ankunft der amerikanischen Besatzungstruppen versteckt. Als diese die Leute dort entdeckten, mussten alle zuerst zur Entnazifizierung nach Süß marschieren. Diese ging –Gott sei Dank– für fast alle glücklich aus und Josef Koller sollte zuverlässig die Menschen hinter seinem Ziehwagen wieder zurück nach Hahnbach führen, was er selbstverständlich auch tat.

Noch lange Zeit sollte er danach in seiner Reparaturwerkstätte an der Vilsbrücke in Richtung Sulzbach nicht nur Räder verkaufen und reparieren, sondern auch in vielen weiteren technischen Fragen in Rat und Tat nicht nur den Hahnbachern zur Seite stehen.

Koller-Haus (rechts) vom 11. März 2007 vor Anlage des Kreisverkehrs in der Sulzbacher Straße

Koller-Haus (Bildmitte) von der Frohnbergstraße aus gesehen