Vilseck: Der Bummelstall ist längst Vergangenheit

Viele Vilsecker haben dieses Gebäude noch gekannt, den Bummelstall, sprich Bummlstohl, in der Froschau neben dem Spitalgebäude. Der Bummelstall grenzte an die Stadtmauer und besaß einen alten hölzernen Wehrgang, der sich wahrscheinlich im Mittelalter um die ganze Stadt zog.

Gegenüber wohnte der Gnan-Schreiner und in Richtung Breite Gasse Bauer Götz (Houder). Der alte Bummelstall ist auch zwei ehemaligen Bewohnern noch bestens im Gedächtnis, nämlich Theresia Rohe, geb. Kugler, und Martin Kraus.

Theresia Rohe, die bereits ihren 96. Geburtstag feiern konnte, erinnert sich noch lebhaft an die gute, alte Zeit, in der das Leben zwar hart aber doch auch schön war. Ihr Vater, Johann Kugler, zog mit seiner Familie etwa um 1928 in die Froschau, weil das Elternhaus am Graben erweitert wurde. So bot sich die kleine Wohnung im Bummelstall vorübergehend an. Die Kuglers hatten 14 Kinder, von denen aber einige damals schon aus dem Haus waren und auf eigenen Füßen standen.

Theresia Rohe (geb. Kugler) erzählt von der Zeit im Bummelstall, sie wohnte etwa acht Jahre lang mit ihren Eltern und Geschwistern im Vilsecker Bummelstall

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„Unten im Haus hatten wir eine große Wohnküche und eine kleine Abstellkammer. Oben waren zwei Schlafzimmer. Wir Kinder mussten zu zweit in einem Bett schlafen. Auch in der Elternschlafstube waren noch zwei Kinderbetten, und eines stand auf dem Gang. Um mietfrei wohnen zu können, machte uns die Gemeinde zur Bedingung, dass der Vater die drei stadteigenen Bullen im Bummelstall versorgen musste. Er bekam dafür vierzig Mark im Monat.

Unser Vater hatte neben dem Füttern auch da zu sein, wenn ein Bauer eine Kuh zur Besamung brachte. Dann wurde einer der Bullen aus dem Stall geholt und musste im angrenzenden  Bretterverschlag seine Pflicht tun. Dafür waren 50 Pfennige zu entrichten, was der Vater gewissenhaft in ein Schreibheft eintrug.

Es ist auch schon mal vorgekommen, dass eine Kuh beim ersten Versuch nicht gleich trächtig wurde und deshalb vom Bauern einige Zeit später ein zweites Mal vorgeführt wurde. Aber unser Vater kannte seine Pappenheimer schon und merkte genau, wenn es sich um eine andere Kuh handelte und wenn der geizige Bauer mit einer Lüge die 50 Pfennig sparen wollte.

Wenn der Vater mal nicht zuhause war, musste unsere Mutter den Bummel aus dem Stall führen. Sie ist dabei einmal ausgerutscht und gefallen und hatte großes Glück, dass sie nicht zu Tode getrampelt wurde. Im Bummelstall hielten wir auch eine Kuh, zwei Ziegen und drei Schweine. Auch Hühner und Enten hatten wir.

Um das Futter für die Bullen mussten wir uns ebenfalls kümmern. Beim Heumachen galt es  auch für uns Kinder mit anzupacken. Vater mähte frühmorgens mit meinen älteren Geschwistern die Gemeindewiese in Axtheid, und wir Mädchen mussten vor Schulbeginn schon das Gras auseinanderbreiten. Auch zum Heuaufladen, Heimfahren, Abladen und Hinaufspießen wurden wir eingespannt.“

Frau Rohe erzählt weiter: „In der Froschau hat es mir gut gefallen. Da gab es viele Kinder, und es war immer was los. Wir spielten auf der Straße, am Bach, auf der Wäsch‘ oder im Spitalgarten unter den großen Kastanienbäumen. Einmal im Jahr, nämlich am Heiligen Abend, wurden wir gebadet und danach gleich ins Bett geschickt.

Gegen Abend hieß es endlich: So, jetzt betet mal schön, damit das Christkind kommt! Und erst wenn das Glöckchen erklang, durften wir wieder aufstehen und uns dann an den wenigen Kleinigkeiten erfreuen. 1936 war der Umbau unseres Elternhauses abgeschlossen, und wir zogen wieder zurück in die Grabenstraße.“

Der ehemalige Gressenwöhrer, Martin Kraus, der seit 1957 mit seiner Familie in Rosenberg wohnt, kam 1927 im Bummelstall zur Welt. Nach seiner Zeit bei der Maxhütte genießt der 91-jährige nun seinen wohlverdienten Ruhestand im Haus seiner Tochter und Enkelin, er berichtet

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„Meine Eltern Johann und Anna haben 1925 geheiratet und wohnten bis 1929 im Bummelstall. Mein Vater war vorher Rossknecht gewesen bei der Brauerei Hammer (Kleber) in der Vorstadt. Mein Bruder Emil kam 1925 und ich 1927 im Bummelstall zur Welt. Da wir bald nach Gressenwöhr zogen, kann ich mich persönlich nur noch schwach an die Zeit im Bummelstall erinnern.

Aus Erzählungen weiß ich, dass meine Eltern auf die 50 Pfennige, die das Besamen kostete, sehr angewiesen waren. Mutter war immer froh, wenn eine Kuh gebracht wurde, denn dann konnte sie wieder Milch für uns kaufen.

Einmal, als Vater nicht da war, musste sie den Bummel aus dem Stall holen. Dabei ist das Tier dann ziemlich aggressiv geworden. Sie konnte sich gerade noch auf die Stiege hinaufretten und musste dort warten, bis der Vater heimkam. Der rückte dem Bummel dann mit einem Stecken zu Leibe und schlug ihm dabei ein Auge aus. Aber das hat den Bullen bei seinen weiteren Aufgaben nicht beeinträchtigt“, schmunzelt Martin Kraus.

Die Familien Kraus und Kugler waren nicht die einzigen, die damals im Bummelstall wohnten. Auch die Familien Sepp Schraml, Karl Helgert und Zetzl-Fabienke verbrachten dort eine gewisse Zeit ihres Lebens.

Der Bummelstall an der Stadtmauer mit seinem alten Wehrgang dürfte heute wahrscheinlich nicht mehr abgerissen werden. In der dazugehörigen Wohnung verbrachten viele Familien einen Teil ihres Lebens. Rechts das Gnanschreiner-Haus

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Ludwig Zetzl und Helmut Mignon posieren etwa um 1960 vor dem Bummelstall; im Hintergrund das Spitalgebäude

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1963 suchte die Stadt einen Platz für ein Feuerwehrhaus. Bis dahin waren die Gerätschaften im Zollhaus beim Vogelturm untergebracht. Man riss 1964 den Bummelstall ab, was heute aus Sicht des Denkmalschutzes sicher nicht mehr geschehen dürfte, und erstellte dort die neue Unterkunft für die Feuerwehr. Die Bullen kamen zu Fenk (Schatl, Breite Gasse), zu Weiß (Tormeier, Froschau) und zu Fenk (Röipl, Axtheid).

Am 12. Dez. 1965 erhielt das Feuerwehrhaus in der Froschau die kirchliche Weihe. In die angrenzende Wohnung zog Gerätewart und Hausmeister Willi Bücherl mit seiner Familie ein.

Von 1965 bis 1990 hatte die Vilsecker Feuerwehr in der Froschau ihr Domizil

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Als die Feuerwehr 1990 ihr neues Domizil in der Bahnhofstraße bezog, diente das Gebäude in der Froschau der Unterbringung von städtischen Gerätschaften. Bis 2017 wohnte dort auch Familie Bücherl. Nun steht die Wohnung leer.

Heute befinden sich nur noch städtische Gerätschaften im alten Feuerwehrhaus. Auch die Hausmeisterwohnung steht leer

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