Vilseck: "Adler" gehört der Vergangenheit an - Reisetaubenzuchtverein aufgelöst

Vereinzelt sieht man sie noch fliegen, die Brieftauben. Aus Mangel an Mitgliedern, die mit Ausdauer und Leidenschaft den Brieftaubensport betreiben, hat sich der Reisetaubenzuchtverein „Adler“ nun aufgelöst. Das restliche Vermögen erhielten nach dem Willen der Gründungsväter die Kindergärten von Vilseck und Schlicht.

Der Brieftaubenverein, der 1952 gegründet wurde, war damals der stärkste und erfolgreichste Verein in der Oberpfalz. In der Stadtchronik ist zu lesen, dass viele Meisterschaften errungen und erfolgreiche Ausstellungen veranstaltet wurden.

Über all die Jahre hinweg sah man über Vilseck die Tauben kreisen. Die eifrigen Züchter haben Tausende dieser intelligenten Vögel auf Reisen geschickt. Zuerst per Eisenbahn und später mit dem Lastwagen wurden die Brieftauben zu ihren Wettflügen in den Norden transportiert.

Oft ging die Reise bis Frankreich, Belgien oder England. Auf dem Rückflug waren dann Strecken von 180 bis zu 800 km zurückzulegen. Bei Rückenwind können Brieftauben bis zu 100 Kilometer pro Stunde erreichen. Während einer Reisesaison legten sie somit zwischen 2500 und 3500 km zurück. Eine wirklich erstaunliche Leistung!

Große Spannung herrschte dann gleichzeitig in der Heimat. Welche Taube erreicht ihren Schlag als Erste? Präzise wurden die Flugzeiten erfasst und ausgewertet, um die Preisträger zu ermitteln. Dabei konnte auch über einen Wetteinsatz die Spannung gesteigert werden.

Warum fliegen Brieftauben soweit? Alfons Gnan, der letzte Vereinsvorsitzende erzählt schmunzelnd, dass dies aus Liebe geschehe. „Vor den Flügen werden die männlichen Tauben von ihren weiblichen Artgenossen längere Zeit getrennt gehalten. Die Sehnsucht nach den Weibchen lässt die Männchen wieder nach Hause finden. Das geht natürlich nur, wenn sie vorher dementsprechend gut und lange trainiert haben.“

Gnan berichtet weiter: „Als Brieftaubenzüchter musst du täglich bei deinen Tieren sein. Bei diesem schönen Sport ist auf größte Sauberkeit im Schlag zu achten. Nur gesunde Tauben können Spitzenleistungen erbringen.

Thomas Nossner, der als letzter Vilsecker Züchter nun zu den „Vilstalseglern“ nach Schönlind wechselte, fügt hinzu: „Aus etwa 100 jungen Tauben gehen im Durschnitt zwei richtig gute Züchtungen hervor. Man muss sich schon sehr intensiv um seine Lieblinge kümmern. Diesen Sport, der auch nicht gerade billig ist, kann man nicht einfach so nebenbei ausüben, sonst braucht man gar nicht bei den Preisflügen mitsetzen.“

Preisgekrönte Brieftauben haben heutzutage einen Wert von 500 bis 2000 Euro und sind als Zuchtobjekte heiß begehrt. Die schnellste Wettkampf-Taube Europas (Golden Prince) kommt aus Belgien und brachte ihrem Züchter 360.000 Euro ein.

Bis dahin war die Taube namens Bolt in Fachkreisen die Nummer eins und galt mit einem Wert von 310.000 Euro als die teuerste Züchtung. Der Überflieger konnte 2000 km zurücklegen, das doppelte einer herkömmlichen Taube.

Was ist zu tun, wenn man eine ermattete Taube findet? „Am besten gibt man ihr vor Ort einige Körner Reis, Haferflocken oder Müsli und dazu Wasser. Tauben erholen sich schnell und können dann nach kurzer Zeit wieder weiterfliegen“, sagt Alfons Gnan.

Beim Einsetzen der Brieftauben vor einem Preisflug in den 1950er Jahren: (von links)Josef Härtl, Schlicht, Georg Dotzler, Ebersbach, Georg Kugler, Schönlind,  Richard Hirschmann, Schönlind, Karl Bielmeier, Schlicht, Josef Gnan, Vilseck, Schorsch Ströhl, Schönlind und Willibald Reindl, Vilseck

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Das restliche Guthaben des Brieftaubenvereins „Adler“ kam bei der  Vereinsauflösung den Kindergärten von Vilseck und Schlicht zugute. (von links): Kassier Thomas Nossner, Monika Mrosek (Kita Vilseck), stellv. Vorsitzender Lukas Nossner, Vorsitzender Alfons Gnan, Gabriele Meiser (Kindergarten Schlicht) und Schriftführer Georg Fenk

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