Vilseck: Das alte Schulgebäude
Eine Postkarte zeigt das alte Vilsecker Schulhaus auf dem Kirchplatz mit Kloster und Kriegerdenkmal
Kinder zu unterrichten war schon vor vielen hundert Jahren ein Thema. So ist auch in der Stadtchronik bereits eine Lateinschule in Vilseck erwähnt, die im 13. Jahrhundert nur von Knaben besucht werden konnte. Ihre Gründung durch die Kirche hatte hauptsächlich zum Ziel, Buben für den priesterlichen Nachwuchs zu gewinnen. Die Kenntnis der lateinischen Sprache war dazu Voraussetzung.
Schulen gründete man damals nicht in erster Linie, um das Volk zu bilden, sondern um die Religion fortzupflanzen. Doch soweit wollen wir heute nicht zurückblicken.
Hier geht es um das Vilsecker Schulgebäude neben der Pfarrkirche St. Ägidius
Das erste stammt aus dem Jahr 1322. Es war klein und unansehnlich und diente auch als Mesnerhaus. Im 16. Jahrhundert wurde es erweitert und 1715 renoviert, denn es herrschten chaotische Hygiene-Verhältnisse.
Damals wurde mit großer Strenge unterrichtet. Das wichtigste war die religiöse Erziehung. Auf Disziplin und Ordnung legte man großen Wert. Eine Verfehlung des Schülers gegen den gebotenen Gehorsam wurde, wie es von oben angeordnet war, mit Ruten und Stöcken bestraft.
Eltern und Lehrer waren damals vom tiefwurzelnden Glauben an die bildungsfördernde Wirkung einer Tracht Prügel erfüllt, und die körperliche Züchtigung galt als vertretbare Schulstrafe. Diese mittelalterlichen Schulordnungen sind heutzutage nicht mehr nachvollziehbar.
Als Vilseck 1802 zu Bayern kam, wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Nun mussten auch die Mädchen zur Schule gehen
Neben der siebenklassigen Werktagsschule für Kinder von 6 – 13 Jahren, mussten Schüler von 14 – 16 Jahren noch die Feiertagsschule besuchen.
Unter kräftiger Mithilfe der königlichen Regierung wurde 1834 das Schulhaus erneut umgebaut. In großen Fraktur-Buchstaben war an der Außenwand zu lesen: In diesem Hause lernt die Jugend – Gehorsam, Weisheit, Kunst und Tugend.
1885 brannte das Vilsecker Schulhaus bis auf die Grundmauern nieder. Die Stadt erwarb danach auch das vom Brand zerstörte, angrenzende Schlegelanwesen und errichtete an gleicher Stelle 1886 ein neues, größeres Schulgebäude. Es bestand aus vier Klassenzimmern für je 100 Kinder und zwei Lehrerwohnungen.
Vier Schwestern, die nebenan im Kloster wohnten, unterrichteten die Mädchen. Sie konnten vom Kloster aus die Schulräume im 1. Stock direkt erreichen. Für die Knaben waren zwei Lehrer zuständig, die zugleich Mesner- und Organistendienste zu verrichten hatten.
In der Schul- und Lehrordnung von 1898 war z.B. die Einrichtung eines Klassenzimmers bis ins Kleinste vorgeschrieben
- Kruzifix
- Bild des Landesherrn
- Thermometer
- große Wandtafel
- Schwamm
- Trockenlappen
- Kreide und Kreidekasten
- Katheder oder Tisch mit absperrbarer Lade
- Schulschrank
- Stuhl
- Waschtischchen mit Waschschüssel
- Papierkorb und Spucknapf.
Der Gesundheitspflege dienten folgende Vorschriften
- Das Schulzimmer ist jährlich zu tünchen,
- der Fußboden wöchentlich einmal zu kehren und monatlich zweimal aufzuwaschen.
- Die Tafeln sind nur mit nassem Schwamm in senkrechter Richtung zu reinigen.
- Die Raumtemperatur muss 14 - 16 Grad betragen.
- Ansteckende Krankheiten (Blattern, Masern, Scharlach, Diphtheritis, Typhus, Keuchhusten) sind zu melden.
1938 wurde den Schwestern vom Naziregime die Lehrtätigkeit entzogen
Während des zweiten Weltkriegs gab es auch ständig neue Richtlinien und Dienstvorschriften. Die Feiertage Dreikönig, Fronleichnam und Allerheiligen wurden zu Schultagen erklärt. Dafür kamen einige schulfreie Tage hinzu, wie Führers Geburtstag und Feiertag der nationalen Arbeit. 1941 mussten sogar die Schulkreuze aus den Klassensälen entfernt werden, was in Vilseck zum sogenannten Schulstreik führte und noch heute nicht vergessen ist.
Überhaupt fand gegen Kriegsende kein geregelter Unterricht mehr statt. Schließlich besetzten amerikanische Kampftruppen kurzzeitig die Schulräume. Die vorhandenen Lehrmittel, Bücher, Bilder und sogar Einrichtungsgegenstände mussten im Schulhof verbrannt werden.
Erst am 1. Oktober 1945 durften die Schwestern wieder unterrichten
Der Durchgang vom Kloster aus war aber inzwischen zugemauert worden. Ab 1947 wurde das Vilshaus zusätzlich für den Unterricht genutzt. Die evangelische Bekenntnisschule war ebenfalls im Vilshaus untergebracht, wo die Kinder aller Jahrgänge in einem Raum unterrichtet wurden.
Ein Klassenzimmer in den 1950er Jahren
Nach dem Krieg war auch zweimal wöchentlich eine Schulspeisung angeordnet
Die Kinder mussten sich in der Pause im Durchgang von der Kirchgasse her mit ihren mitgebrachten Emailtöpfen und Löffeln einfinden und Suppe schöpfen. Diese war von den Klosterschwestern in einem Waschkessel gekocht worden. Die Schulküche wurde erst 1952 fertiggestellt.
Durch den unteren Eingang von der Kirchgasse aus gelangten die Schüler nach dem Krieg zur Schulspeisung
Bis 1949 mussten die Kinder nur sieben Jahre in die Schule gehen. 1950 wurde die achtklassige Volksschule eingeführt; ab 1969 gab es neun Klassen
Allmählich wurde das Schulhaus neben der Pfarrkirche zu klein, und man entschloss sich, ein neues, modernes Schulgebäude am Schnellweiher zu errichten. 1962 fand dort die Grundsteinlegung statt und 1964 die Einweihung.
Die alten Schulräume, die immer auch als Wahllokale dienten, fanden 1964 mit der Wäschefabrik Soldner einen neuen Nutzer. Bis 1988 stellte die Firma Fricke ihre „Goldflagg“-Trainingsanzüge im Schulhaus her. Auch der Musikverein Vilseck hatte bis 1979 im Schulgebäude seine Übungsräume, ehe er ins alte Sorghofer Schulhaus umzog.
Im November 1992 bezog die Schützengesellschaft „Tell“ im alten Schulhaus ihr Domizil. Auch an die Tanzschule Elaine Mayerhofer vermietete die Stadt einige Räume. Es folgten Albert Braun, der städtische Bauhof, die Krippenfreunde, die Clubfreunde und der Heimat- und Kulturverein.
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