Mit "Nachtwächter Tschung" unterwegs durch Vilseck
„Wenn es ihn nicht gäbe, so müsste man ihn glatt erfinden!“ So lautete der Tenor über Vilsecks Nachtwächter Josef Eierer bei seiner Stadtführung zum Jahresschluss. Begleitet von 60 interessierten Zuhörern zog "Tschung", wie er liebevoll genannt wird, beginnend am Marktplatz bei einbrechender Dunkelheit durch Vilseck.
Dabei erklärte er, dass ein Nachtwächter schon im Mittelalter der wichtigste Mann einer Gemeinde gewesen sei, der die Bürger an ihre Aufgaben und Pflichten erinnert und nach Bränden Ausschau gehalten habe. Er drehte jede Nacht sieben Mal innerhalb der Stadtmauern seine Runde, schaute nach dem Rechten und sagte die Zeit an. „Hört ihr Leut und lasst euch sag´n“, begann sein Stundenruf. Dabei ermahnte er die Bürger, auch die 10 Gebote Gottes einzuhalten.
Von der Herrengasse und dem Weihertor, durch das einst die Straße von Bamberg nach Vilseck führte, ging es hinauf zur Burg Dagestein, wo der Nachtwächter bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine Wohnung im Turm hatte. Erst danach bezog er Quartier im Vogelturm.
Mit lustigen Anekdoten erheiterte Eierer, der nunmehr seit 12 Jahren als Nachtwächter fungiert, die Zuhörerschar. Am Bürgerspital vorbei marschierte die Gruppe durch das Hutergässchen zur Breiten Gasse. Hier führte einst die Goldenene Straße von Nürnberg nach Prag durch Vilseck.
Der bäuerliche Alltag spielte sich früher weitgehend auf der Straße ab, was man sich in der Breiten Gasse heute noch gut vorstellen könne, sagte Tschung. Über die Pestzeit sprach er in der Klostergasse und berichtete, wie man die Pesttoten durch das Obere Tor, das sogenannte Schwarze Tor, aus der Stadt hinausbrachte.
An der Pfarrkirche St. Ägidius erläuterte der kundige Nachtwächter die verschiedenen Stilrichtungen und Bauabschnitte des Gotteshauses. Im Zwingerfriedhof konnte man Stadtmauer und Zwingermauer in Augenschein nehmen.
Am Wohnhaus von Josef Eierer wurde die Gruppe von der Gattin des Nachtwächters erwartet. Sie hatte Süßes und Flüssiges vorbereitet. Mit einem Schnäpschen stieß man im Träumergässchen auf das neue Jahr 2013 an. Am Vogelturm beendete Josef Eierer lautstark mit dem Neujahrsspruch des Nachtwächters seine traditionelle Jahresabschlussführung und gab noch Erheiterndes als Zugabe drein.
Man war sich einig, dass Vilseck mit Josef Eierer als Nachtwächter einen Glücksgriff gemacht habe. Eierer ist ein Original, das die Stadt Vilseck weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt gemacht hat.
Unterwegs mit "Nachtwächter Tschung" alias Josef Eierer und 60 interessierten Zuhörern in Vilseck
Die Gattin des Nachtwächters erwartet die Gäste mit Süßem und Saurem
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