13.09.2010 | „Dau kant vielleicht a Kellageist sa“...
„Neben der Wija“ empfing Ludwig Graf am vergangenen Samstagabend viele Interessierte vor dem Kellerirrgarten an der ehemaligen B 85. Die 21 Keller könnten von manchem Hahnbacher Ereignis berichten, meinte er. So seien sie hauptsächlich in einen zwei Millionen Jahre alten Keuper und Rhätsandstein geschlagen worden, doch eine Datierung gebe es erstmals mit dem Jahr 1746.
Sicher seien die Keller aber viel älter, da 1550 – nach der kalten Biergärung – die warme Hefebiergärung kalte Räumlichkeiten zur Lagerung des Biers brauchte. Da in den Kellern konstant acht bis zwölf, maximal 13 Grad herrschten, waren diese hierfür ideal. Von 24 Brauberechtigten, denen ein Kommunalbrauhaus und ein eigener Hopfengarten zur Verfügung standen und welche teilweise noch bis 1904 Kommunbier ausschenkten, erzählte Graf.
1812 sei ein furchtbares Unwetter über Hahnbach hereingebrochen und die Chronik wisse nicht nur von einem enormen Flur- und Tierschaden, sondern auch, dass in den Kellern Waren und auch die Bierfässer frei herum geschwommen seien, berichtete Graf. Das so genannte alljährliche Bennoamt auf dem Frohnberg erinnert bis in unsere Zeit noch an jene Katastrophe vor fast 200 Jahren.
Amüsanter waren Grafs Schilderungen vom Dienst der „Bierkieser“, der Bierprüfer, deren Augen-, Geruchs- und Geschmacksprobe und gar deren „Hockerprobe“. Diese bestand darin, dass Bier auf einen Hocker geschüttet wurde und nach zwei Stunden die Lederhose des Sitzenden daran kleben bleiben musste. Erstaunt war man auch über den früher hohen und recht teuren Bierkonsum, der auf bis zu sechs Liter pro Erwachsenen pro Tag errechnete worden sei.
1945 habe man einen Verbindungsgang zwischen den Kellern geschlagen, welche alle über ein Lüftungssystem und einen Wasserablauf verfügten. Am 15. April desselben Jahres dienten die mit Stroh ausgelegten Keller bereits bei Fliegeralarm als Unterschlupf.
Am Wochenende vom 21. auf den 22. April, als die Amerikaner Hahnbach beschossen, harrten fast alle Hahnbacher in den niederen, dunklen, feuchten Kellern in großer Angst aus. Nach einer unruhigen Nacht, in welcher Markt und Kirche mit fast 30 Bomben und Grananten vom Kreuzberg aus beschossen wurden, zelebrierte um 6 Uhr morgens Pfarrer Mayer dort einen bewegenden Gottesdienst.
Da man auf das Schlimmste gefasst war, durfte ein Jeder, auch die Kleinkinder, die Kommunion empfangen und Pfarrer Mayer spendete allen die Generalabsolution. Um 10 Uhr standen amerikanische Soldaten vor den Kellern und sortierten die verängstigten Männer und Frauen, doch bereits am gleichen Nachmittag durften um 14 Uhr schon die Frauen und um 16 Uhr die Männer wieder nach Hause gehen.
Schon schauderten die Zuhörer, als verstärkend Gretl Mildner als „Kellergeist erschien“. Im Hintergrund begleitet von Jürgen Huber auf seiner Trommel faszinierte die ausgebildete Erzählerin mit der Geschichte von Hans Wurscht, der auf dem Frohnberg dem Teufel zwei Taschen voll Pretiosen abgeluchst hatte.
Seinem Beispiel wollten drei habgierige Bauern folgen, doch diese wurden nie mehr lebend gesehen. Mit weiteren Schauermärchen über die Irrlichter vom Asser Moos am Süßer Berg, dem Süß schließlich seine kleine Kapelle zu verdanken hat und der Frage nach „Traum oder Wirklichkeit“ fesselte Mildner die fast 40 Zuhörer. Julia Schuster umrahmte perfekt mit sensibel untermalenden Klarinettentönen die Gruselgeschichten.
Zurück in die Nachkriegszeit führte Ludwig Graf mit Informationen über die Nutzung der Keller für die Herstellung von Betonziegeln und Steinen. Auch ein Sirupprodukt wurde zeitweise dort gekocht.
Heute dienen vor allem die Keller mit wenig Luftzug als Unterschlupf für Fledermäuse und Graf informierte genau über deren Wochenstube und deren Herrenquartier. Mit einem Nerven beruhigenden Kellertrunk schloss die erste Keller-Geist-Führung nach ca. 100 spannenden Minuten.
Heimatpfleger Ludwig Graf informierte detailliert fast 40 Personen vor und in den Kellern an der Vilseckerstraße
Gretl Mildner fesselte ihre Zuhörer mit schaurigen Geschichten. Julia Schuster und Jürgen Huber unterstützen sie mit Klarinette und Trommel
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