Bischof Erwin Kräutler, berühmter Amazonasbischof, Oberstufenschüler und ihre Religionslehrerin
Den Abend mit Bischof Erwin Kräutler aus Brasilien werden die beiden Oberstufenschüler und ihre Religionslehrerin Marianne Moosburger wohl so schnell nicht vergessen. Sie waren für die Abendveranstaltung der Katholischen Akademie eigens nach München gefahren, um den berühmten Amazonasbischof kennenzulernen und auch, um ihm ihren Respekt zu bekunden.
Der Organisator und Moderator Dr. Johannes Schießl begrüßte persönlich die drei Oberpfälzer und auch Bischof Kräutler freute sich sehr über deren Engagement. In der Akademie informierte Misereor über das brasilianische Belo-Monte-Staudammprojekt, welches sich selber zum Subjekt und den Menschen zum Objekt mache.
Bischof Kräutler sprach in diesem Zusammenhang gar von einem Genozid, einem Ethnozid, also einem Völkermord bzw. einem Aurozid, d.h. mit Geld würden hier ganze Völker in die Verwahrlosung gedrängt. Noch kämpfen vor allem die Frauen, die sich um die nächste Generation sorgen, dagegen. Doch gegen die weltweit agierenden Konzerne seien auch sie ohne Hilfe weithin chancenlos.
Mit der Perikope des barmherzigen Samariters fragte Bischof Kräutler „Wem wurde ich zum Nächsten?“ und exegierte, dass das Wort „Barmherzigkeit“ im hebräischen von dem Wort für „Geborgenheit im Mutterschoß Gottes“ komme und so also von Gottes tiefster Liebe zu uns spreche, welche auch heute noch jeden einzelnen anspreche und wie den Samariter zum rechten Handeln aufrufe.
Tief berührt berichtete Bischof Kräutler, der sich seit über 50 Jahre in Amazonien, einem Gebiet, das größer als Deutschland ist, für die Indios einsetzt, von einem von der täglichen Realität inspirierten Theaterspiel seiner ihm anvertrauten Schützlinge. Diese ließen eine Bauernfamilie auftreten, welche von Großgrundbesitzern bei Androhung des Todes vertrieben werden. Dann wurden zwei hübsche Mädchen von Sklavenhändlern verschleppt, Indios wurden kaltblütig erschossen und Kinder fielen zum Geräusch von Motorsägen um. Die Schlussfrage des Stücks: „Und wie stehst du dazu?“ gehe auch nicht zuletzt Europa an, betonte der Vorarlberger.
Kräutler zeigte auf, dass die vielen Staudammprojekte keine innerbrasilianische Angelegenheit seien, dass 50 Prozent des Holzes illegal in die EU gelangen und Großgrundbesitzer, nach der Vertreibung der Ureinwohner, auf dem ehemaligen kargen Regenwaldboden Rinderherden züchteten und Soja für weltweit gesuchtes Tierfutter anbauten. „Jetzt könnten wir noch 50 Prozent von Amazonien retten und damit einen Teil seiner Völker und auch seiner klimaregulierenden Funktion erhalten, mehr ist schon nicht mehr möglich“, erklärte der engagierte Bischof der Provinz Xingu.
Wie lebensgefährlich und brutal Konzerne, Politiker und Großgrundbesitzer vorgehen, zeigte Kräutler anhand verschiedenster authentischer Beispiele auf. Seine Mitarbeiterin, Schwester Dorothy und weitere Mitarbeiter wurden bereits wegen ihres Einsatzes ermordet. Er selber mehrfach bedroht, verprügelt und festgenommen. Bei einem fingierten Autounfall, bei dem sein Mitarbeiter starb, sollte auch er ermordet werden. Seitdem stehe er unter Polizeischutz, was aber auch keine Überlebensgarantie darstellt.
Kräutler verwies auch auf das Problem der priesterlosen Gemeinden. Nur 31 Priester, davon 60 Prozent über 60 Jahre alt, arbeiteten in Amazonien. Dies bedeutet, dass über 90 Prozent aller Gemeinde keine sonntägliche Eucharistiefeier hätten und 70 Prozent nur drei bis viermal im Jahr Besuch von einem Priester bekämen. Nicht selten würden sogar Kapellen ohne einen Altar gebaut, da jahraus- jahrein nur ein Ambo, ein Lesepult, im Gottesdienst Verwendung finde.
Engagiert sprach sich Kräutler, der als „Ghostwriter“ für die letzte Papstenzyklika „Laudato si“ gilt, für ein Umsetzen der Befreiungstheologie ein, welche ein „würdiges Leben für alle“ fordere. „Armut ist nicht Schicksal, sie wird gemacht!“ betonte er. „Helfen sie leben! Legen sie Zeugnis ab!“ wünschte er von allen Christen.
Realistische oder unrealistische Aussichten auf Erfolg dürften dabei kein Kriterium sein, meinte er, denn sogar „Jesu scheinbarer Misserfolg am Kreuz habe die größte Revolution aller Zeiten ausgelöst!“. „Auch Schweigen ist Politik!“ hielt er dem Plenum entgegen und betonte, dass „Ökologie, Ökonomie und Gerechtigkeit sich nicht trennen lassen dürfen, um der Menschen willen.“ Langanhaltender stehender Applaus dankte dem kurz vor seinem „Unruhstand“ stehenden Bischof.
Christopher Walter und Fabian Royer freuten sich, Bischof Erwin Kräutler mit ihrer Religionslehrerin Marianne Moosburger in München getroffen zu haben
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