Hahnbach im 17. Jahrhundert - Teil 1

Was für ein verrücktes Jahrhundert! Dr. Josef Weiß-Cemus geht in seiner noch dieses Jahr erscheinenden „Quellenedition – Hahnbach“ genauestens darauf ein. Wie dünn besiedelt damals die Kuroberpfalz war, zeigt die Zahl von 107 000 registrierten Menschen (S. 487). Eine Zahl, die sich übrigens auch in den nächsten beiden Jahrhunderten nicht stark erhöht

30-jähriger Krieg

Besonders mit und durch den 30 jährigen Krieg ging es den Hahnbachern sehr schlecht. Die große Straßenkreuzung von Norden nach Süden und von Osten nach Westen und auch die Siedlungsart als Straßendorf (ganze Straßenseiten brannten ab) wurden gerade in dieser Zeit vom Segen zum Fluch für ihre Bewohner.

Gräueltaten im 30-jährigen Krieg

Zu Beginn jenes langen Krieges fanden sich noch viele Freiwillige auf den Musterungsplätzen ein. Allerdings wollten die Orte, und auch Hahnbach, jene Musterungsplätze nicht gerne haben, da viele angehende Soldaten ihr „Handgeld“ zügig in alkoholische Getränke umsetzten und sich dementsprechend daneben benahmen. (S. 537).

Hahnbach hatte zu jener Zeit einen calvinischen Pfarrer, Sebastian Schneier (1611- 1625/6), der sich verständlicherweise große Sorgen um die Moral der Menschen machte. In seine Amtszeit fällt auch die Pest, die 1613 ganz schlimm in Amberg wütete. Noch war den Hahnbachern nämlich die Epidemie der Jahre 1582 und 1583 in Erinnerung.

Damals hatte man nachweislich 224 Personen zu beklagen und nun wollte man mit strikten Maßnahmen dergleichen verhindern. „Jeder soll vor Amberg sich hüten“, heißt es da und niemand soll „aufgenommen oder behalten werden“. Auch sollen „die drei Tore, nebst den Mühlstegen von der Bürgerschaft bewacht werden.“

Im Rahmen der Huldigung für den neuen Kurfürsten Friedrich V., den man später als „Winterkönig“ verspottete, fand 1615 in Hahnbach auch eine Generalvisitation bezüglich des für alle verpflichtenden Kalvinismus statt. Als bekennende Gegner wurden damals Martin Örtl, Hans Kölbl, Hans Pleil, Georg Bauer, Hans Schultheiß, Hans Kayser, Hans Thurn und Hans Pruckner registriert. (S. 593)

Doch schon bald kam es zum so genannten 30jährigen Krieg (1618-1648). Vor allem die Mansfeldschen Truppen verwandelten bald Ortschaften und deren Umgebung zu „Wüsteneien“ mit „abgebrennten und öd daliegenden Häusern“. Ein unbeschreibliches Elend durchzog Stadt und Land. Schlimm genug, dass es auch örtliche „Aufstecher“ gab, Kollaborateure, die den Söldnern „Anleitung und Vorschub zum Plündern“ gaben. (Eisengau, Nr. 48/2017, A. Sichelstiel, S. 76 ff)

1626 aber wurden die letzten calvinistischen Pfarrer ihrer Stellen verwiesen und auch Hahnbach wurde rekatholisiert. Der neue katholische Ortspfarrer ist Johann Naglmeyer. War man zuerst mit dem Prediger mehr als zufrieden, so änderte ein Vorfall, bei dem man ihn „ganz bezecht“ und „übel zugerichtet“ vor dem Oberen Tor fand, die Stimmung. Wegen seines „ärgerlichen Lebens“ wird er verwiesen.

Ihm folgt 1627 Balthasar Soll, ein Benediktinerpater vom Kloster Prüfening, Auch er gab „ein wenig günstiges Bild seines Lebenswandels“ ab und wird noch im gleichen Jahr als „gewester Pfarrer“ (Batzl 2, S. 124f) bezeichnet.

Ihm folgt 1633 Michael Plögl. doch er wird auch schon bald seines Amts enthoben, da er seine Köchin geschwängert hatte. Der zuständige Dechant, Martin Zöltner von Schlicht schreibt bei der Installation des neuen Pfarrers, Johann Neüberth, dass er in ständiger Bedrohung durch die „Schlammersdörfer und andere schwedische Reiter“ lebe und deshalb nicht kommen könne (S. 572/3).

Neubert, der neue Hahnbacher Pfarrer, klagt 1648, dass er nicht wisse, wie er sich „weiters durchbringen solle“. Die Soldateska habe ihm neun Pferde, „alles Vieh, Betgewand, Kleider, Fahrnus (die bewegliche Habe) und Lebensmittel hinweggenommen“. Als er sich damit sogar an den Kurfürsten Maximilian in München wendet und mit seinem Weggang droht, erzielt er aber nur einen Teilerfolg, da auch die Landeskasse „ausgeplündert“ war (S. 588 ff).

1621 waren sechs Kompanien des Generals Vitzthum in Hahnbach einquartiert, so dass 1622 „kein Bier und Brot (mehr) vorhanden“ war (Man beachte die Reihenfolge!). Das Jahr 1625 forderte zudem noch einmal viele Pesttote. Ganze Familien starben damals aus. (S. 538)

„Bestechung und Erpressung“ stand über vier Jahre lang ab 1627 im Mittelpunkt eines Streits in Hahnbach, der weite Kreise zog. Der Gerichtsschreiber Georg Holler warf dieses nämlich dem „Ambtkhnecht“ Endres Pöttinger vor. Ersterer listete genau auf, welcher Vergehen, Verleumdungen und öffentlichen „Verhöhnungen“ sich jener schuldig gemacht hat.

Schwer hat ihn offensichtlich auch getroffen, das Pöttinger ihn wiederholt als „bloßen Interius“, also als Schreibtischtäter und als „ein Plackher“, einen Plagegeist, diffamiert hat. Da Holler eben nicht „khrumppe gerad sein lassen“ wollte, schaffte er es letztendlich, dass der Amtsknecht „aus dem Land geschafft“ wurde.

Auch sein Nachfolger, Hanns Mäzner, hätte die Aufgabe gehabt, darauf zu achten, dass “weder an Vieh, Fischen und all andern Victualien (Lebensmittel) nichts außer Lands verschlaicht (verschoben), sondern hierher zum gemeinen Markt gebracht werde“. Auch über ihn beschwerte sich der (wohl zu) pflichtbewusste, „unangenehme“ Bedienstete der Regierung (S. 549 ff).

Aus jenen Akten erfährt man auch, dass Bürger, die mit ihren Abgaben in Verzug waren, sehr wohl einen halben Tag „an einer khötten gefierth“, als in Ketten „in Verhaft“ genommen wurden und zusätzlich „Eisen- oder Schließgelt“ zahlen mussten, was die Amtsknechte zu kassieren hatten.

Ob damals wohl große Freude herrschte, als 1628 die Oberpfalz endgültig durch den Kaiser als Ausgleich für erbrachte Kriegskosten an Bayern kam? (S.554). Recht viel geändert hat sich für die Hahnbacher jedenfalls nichts. Auch die Frage der Religion galt es damals noch zu beantworten.

Aus dem Jahr 1628 liegt die Bitte eines Wolf Sturms vor, der um Verlängerung des Termins für „Konversion oder Emigration“, Religionswechsel oder Auswanderung, ersuchte. (S. 555, Anmerkung 64)

Wiederholt zogen ganze „Convoys“ in den Markt, wie z.B. am 31.12.1629 die Friedländischen mit 180 Pferden und fünf Wägen, um in Hanbach ihr Nachtquartier zu nehmen[MM1] (S. 557). Es waren die Männer Albrecht von Wallensteins, des Herzogs von Friedland.

Albrecht von Wallensteins, Herzog von Friedland

Die „beladenen Pagagjwägen“ (Wägen mit Vorräten) mit 130 Reitern kamen aus Memmingen, heißt es und transportierten Silber und auch Wein aus dem „Welschland“, wohl Frankreich. Sie waren auf dem Weg nach Gitschin, das ca. 80 Kilometer nordöstlich von Prag liegt und welches Wallenstein als seine Residenzstadt ausbauen wollte. „Krieg ernährt den Krieg“ war zudem Wallensteins Maxime, das hieß in der Praxis, dass die Söldner sich sehr wohl unterwegs in jeglicher Hinsicht „bedienen“ durften, ja sogar sollten.

Der für jenen Convoy verantwortliche Rittmeister, der seinen Namen mit Piccolomini angab, weigerte sich aber, eine aufgestellte Rechnung zu unterschreiben, mit dem Verweis, dass er „des Schreibens unkundig“ sei. Im Endeffekt bleiben die Hahnbacher aber auch auf dieser Rechnung in Höhe von 122 Gulden 40 Kreuzer sitzen. (S. 558) Allein Martin Tresch / Drösch einer der „Würthe“, hatte 25 Personen, und 36 Pferde zu versorgen, wofür er 16 Gulden vergeblich in Rechnung stellte.

1631 quartiert sich „das Copaunische und Lemgauische Regiment zu Pferd“ im Ort ein. Nicht nur, dass sie „Brot, Fleisch, Fisch und Wein“ konsumieren, sie verursachen auch noch Schäden in den Häusern, so dass das Amberger Landrichteramt diese auf die immense Höhe von 1631 Gulden und 23 ½ Kreuzern addiert. (S. 579)

Als jenes Amt 1637 den Hahnbachern einen unerlaubten höheren Wegzoll verbietet, rechtfertigen sich diese mit einer maroden Brücke und „täglichem Kriegsvolk“. (S. 576 ff)

Martin Gleich, Bürgermeister und Wirt, schreibt 1639 an die Regierung in Amberg, dass im St. Leonhard-Kirchlein in Schlicht eine Dienstmagd vergewaltigt worden sei. Er selber sei durch 20 berittene Hatzfeldische Soldaten bei Altmannshof überfallen worden. 14 Pferde der Hahnbacher wurden „abgespannt“ und ihm „nicht allein die Kleider abgezogen, sondern dazu die Pistolen vor dem Kopf gesetzt und Geld (insgesamt 52 Gulden) herzugeben genötigt“. Auch hätten Reiter einer Süßer Bäuerin zwei Ochsen abgenommen.

1640, im Jahr darauf, werden die Marktbewohner von vier Reitern aus dem Kolbischen Kriegsvolk mit „bloßen Degen und Pistolen“ bedroht und als „Catholische Hund, Üble(r) und Mausköpf“, Spitzbuben, beschimpft. Diese drohen auch mit „schiessen und hauen“ und „den Markt in Brand (zu) stecken“. Sie müssen sich zwar in Amberg verantworten und Strafe zahlen. Doch genau einen Monat später kommen sie wieder, zünden ein aufgeschichtetes Holz an und schlagen den Besitzer, der löschen will, mit dem Degen „mitten in Kopf an die Stirn, dass das Blut hernachgekommen“. Den Hahnbachern drohen sie darüber hinaus mit „niedermachen“ und „in Stücke hauen“. (S. 583 f)

Derartige Überfälle sind bald an der Tagesordnung. 1641 „spendieren“ die Hahnbacher sogar „einem starken Trupp Reiter“, die „das Tor aufgehauen“ haben (S.585) fünf Reichstaler, obwohl sie kaum wissen, wie sie „die Kinder ernähren“ sollen.

„Nicht einmal zwei oder drei Eimer Bier und noch weniger Brot (sind im Ort) zu finden“, denn sie sind „wiedermals zu armen Leuten gemacht“ (S. 585). Mit „Insolenzen und Ungebühr“, rücksichtslosen Unverschämtheiten, werden sie außerdem von den Söldnern „molestiert“, das heißt belästigt.

Auch die kaiserliche Armee wütet 1647 in Hahnbach und Umgebung und „verdirbt alle Fische und Setzlinge auf Jahre hinaus“. Es ist so schlimm, dass man sogar daran dachte, „den Markt leer stehen (zu) lassen“, obwohl man dann „kein bleibende Statt“ mehr habe. Die Hahnbacher können die Militärführer nur bitten und betteln, doch eine Verbesserung ihrer Lage erreichen sie kaum.

Fortsetzung folgt!

 

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