Vilseck: Karl Platzer zeigt Fundstücke, die über Tausende von Jahren bis in die Vorgeschichte unserer Oberpfalz reichen

Karl Platzer ist 89 Jahre alt und noch „total frisch“ im Kopf. Was der belesene Hobbyarchäologe zeigen kann, sind Fundstücke, die über Tausende von Jahren bis in die Vorgeschichte unserer Oberpfalz reichen

„Gegen deren Alter bin ich aber noch echt jung!“ schmunzelt er und fährt fort: „die wahren Urkunden liegen im Boden, man muss sie nur zu lesen wissen!“.

70 Prozent seiner Funde hat er bereits auf Bitten von anerkannten Spezialisten auf dem Gebiet der Geschichte, Bodenkunde und Archäologie aus München, Nürnberg und Bamberg wie Dr. Mathias Hensch, Dr. Mühldorfer, Mathias Conrad oder Dr. Obst dem naturhistorischen Museum in Nürnberg übereignet. Aber noch ist seine Sammlung äußerst beeindruckend und wertvoll. Gerne war der Senior bereit, seine Sammlung zu zeigen und über Stunden hinweg hört man nur zu gerne und staunend seinem begeisternden Erzählen zu.

Platzer, ein fleißiger „Eisenbahner mit Leib und Seele“, kam zu seinem intensiven Hobby eigentlich durch eine „verrückte Geschichte“. Sein Opa, Viehhändler und Gastwirt in Langenbruck, im jetzigen Truppenübungsplatz Grafenwöhr liegend, belieferte auch das Amberger Gefängnis.

Dort vertraute ihm ein zu lebenslanger Haft verurteilter Mörder eines Tages sein Geheimnis an, nämlich, dass er Wertvolles im Bürgerwald bei Vilseck vergraben habe. Prompt habe er sich mit seinem „Dadda“ auf die Suche gemacht, einige größere Steine umgedreht, aber leider nichts gefunden. Doch dies reichte schon, um ihn mit dem Virus der „Schatzsuche“ zu „infizieren“.

Als leidenschaftlicher Spaziergänger habe er seitdem jeden Boden genau angesehen, manch alte Scherben gefunden und viel Fachliteratur zur Abklärung ihrer Herkunft und Zeiteinordnung gewälzt. Als er dann pensioniert war, nutzte er einen guten Teil seiner Freizeit, um vor allem auf den Höhen in und um den Landkreis herum, in Fliehburgen und Burgställen nach Relikten aus der Vorzeit zu suchen.

Seine Sammlung wuchs im Laufe der Jahre auf einige Zentner an, lacht Platzer, und beherbergt manche echte Rarität, die er derzeit genau katalogisiert, da ihm das Marschieren rechte Mühe macht.

Karl Platzer kann zu fast jedem seiner Fundstücke eine Geschichte erzählen. Mit glänzenden Augen öffnet er Schachtel um Schachtel, in denen seine Schätze wohl behalten und geordnet aufgehoben sind. „Schauen Sie, das ist wie heutzutage“ erklärt er, „immer waren es ungefähr drei Generationen, die den gleichen Stil, die gleichen Muster liebten.

Aber dann hat man offensichtlich das Überkommene, des alte Graffl, durch Neues ersetzt. Teilweise modernisierte man selber, teilweise kamen Anregungen aus der Ferne durch Händler und manchmal gab es auch wieder Verbesserungen in der Technik der Herstellung.“

„Aber geschickt waren unsere Vorfahren wirklich!“ betont er und zeigt wunderbare Scherben, die noch immer dank einer Graphitverwendung glänzen oder liebevoll modellierte Griffe, sogar von Kinderspielzeugen aus längst vergangenen Jahrhunderten.

Aus der Vorgeschichte, beziehungsweise aus einer Zeit vor über 4000 Jahren, kann Platzer auch Knochen mit Schnittspuren, feuererprobte Flintsteine und wohl für kultische Zwecke aufgereihte Auerochsenzähne aufweisen. Sogar gruselig wird es, als er mehrere menschliche bearbeitete Schädelknochen in der Hand hält, die offensichtlich für Gebrauchszwecke zurechtgemacht wurden. Ob unsere Vorfahren Kannibalen waren, fragt man sich unvermittelt.

Rätsel gab und gibt ein elfenbeinartiges Teil auf, auch die Verwendung von verschiedenen Geweihteilen ist bislang unklar. Ein Schleifstein der Wikinger, ein steinernes „Knödel“ aus der Altsteinzeit, gebrauchte Mahlsteine und ein dreieckiger Faustkeil aus bislang unbekanntem Material warten noch auf ihre Bestimmung.

In die Jungsteinzeit, vor ca. 2300 bis 2000 Jahren vor Christus ordnet Platzer Keramikverzierungen mit innen gefüllten Dreiecken in äußeren Dreiecken ein, Leiterbänder, ein Sieb und auch die Brüste einer „Venus vom Maximiliansfelsen“ ein.

Artefakte, wie Teile von bauchigen Flaschen aus der Latènezeit und von den Kelten mit wunderbaren Verzierungen, die auf schnell drehenden Töpferscheiben gefertigt wurden, zeugen noch immer mit einer feinen „Kamm-Strich-Verzierung“ und der Graphit-Ton-Keramik von geschickten Handwerkern.

Aus der Urnenfelderzeit, die man auf 1300 bis ca. 800 vor Christus festlegt, verweist er auf wunderschön und akkurat gefertigte Rollrädchenverzierungen und hängende Dreiecke. Aus der danach folgenden Hallstattzeit, die bis ca. 400 vor Christus reicht, hat er eine mögliche Sonnendarstellung und vorgeschichtliche Gefäßgriffe, unter anderem von Kinderspielzeugen, gefunden.

Viele seiner Funde können ins Mittelalter datiert werden. Platzer präsentiert Flach-, Becher- und Schüsselkacheln mit unterschiedlichen Rändern, verschiedene Deckelgriffe und auch künstlerisch wertvolle Gefäßränder mit Kragen-, Glocken- oder Karnies-Bändern. Weitere Randstücke zeigen eindeutig ihre Herkunft aus slawischer Besiedelung in unserem Landstrich, welche Platzer auf das 8. oder 9. Jahrhundert datiert.

Zu jedem Stück, das der Senior äußerst vorsichtig in die Hand nimmt, kann er Hintergründe erzählen, weiß noch genau, wo die Fundstelle war und holt noch als „Krönung“ eine Sichel mit dem Schlagzeichen des Eisenhammer Hirschbach von 1387, aus der ersten Hammereinung der Oberpfalz, aus seiner Sammlung.

Auf die Frage, was wohl aus seiner Sammlung in Zukunft werden wird, mischt sich Sohn Christian ein und versichert, dass er sie in Ehren halten wird und weiter die Stücke dokumentieren will.

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