Herbert Demleitner, leidenschaftlicher Sammler von Briefmarken, Ansichtskarten und mehr

„Am Anfang war die Pralinenschachtel“ erinnert sich der 90 jährige Herbert Demleitner aus dem Schalkenthanerweg. Der pensionierte Beamte fand nämlich in dem dekorativen Behältnis seiner Mutter unzählige, von ihr gesammelte Sterbebilder. Schon war auch damit der leidenschaftliche Sammler von Briefmarken, Ansichtskarten, Bierkrügen oder Spitzenbildern von Heiligen „infiziert“.

Als er zudem vor ca. 35 Jahren auf verschiedenen Papiersammelbörsen in Nürnberg, Regensburg und in München auch interessante Sterbebilder angeboten wurden, entstand der Grundstock seiner Sammlung, welche mittlerweile auf über 1000 Exemplare angewachsen ist.

Natürlich interessierten ihn zuerst die Raritäten, wie Sterbebilder von bekannten Persönlichkeiten, von Bischöfen, Politikern und Päpsten. Als er dabei sogar das Sterbebild von Josef Beck aus Witzlhof, dem Bruder seiner Großmutter fand, der in Wien lebte und stellvertretender Jesuitengeneral für Deutschland, Österreich und Ungarn war, war Demleitners Glück perfekt und echte Leidenschaft entflammt.

Ein großes Album wurde eigens für Ausstellungszwecke angelegt, eigene Vorlagen gefertigt und alle Bilder alphabetisch geordnet. Fein säuberlich ist darin nun schnell eine gesuchte Person zu finden. Zu Recht ist er dabei stolz auf sein ältestes Original, einen Totenzettel aus dem Jahr 1808.

Gar nicht so selten hat der geistig noch recht quirlige Senior auch Anfragen zu Sterbebildern und Daten aus Nah und Fern und hilft natürlich gerne „wo er kann“, wenngleich er das Sammeln nun eingestellt hat.

Für Ausstellungen, sei es beim Marktfest in Hahnbach, mit den beiden Sammlerfreunden Ludwig Graf und Peter Walch oder Amberg hat er auch immer wieder gerne eine repräsentative Auswahl zur Verfügung gestellt und viel Anklang gefunden. Nicht selten ergaben sich dabei gute Gespräche mit Besuchern und Demleitner konnte dann auch schon oft manches vergessene Detail bei Nachforschungen von Angehörigen ergänzen.

Noch sind seine Schätze bei ihm zu Hause gut aufbewahrt. Natürlich möchte er, dass nichts verloren geht und „die Früchte seiner Arbeit mit Herzblut“ vielleicht einmal in einem Heimatarchiv für spätere Generationen bewahrt wird.

Demleitner hat sich, über seine Sammlung hinaus, auch mit der Entstehung und Entwicklung der Sterbebilder befasst und dies dokumentiert. Er weiß zu berichten, dass diese in der Volkskunde zur Kategorie der Andachtsgraphik, zu den so genannten „kleinen Andachtsbilder“ gehören. Ihre Vorläufer waren Todesanzeigen oder Totenzettel, welche schon um 1600 in Klöstern für deren Obrigkeiten gedruckt wurden.

Im 18. Jahrhundert erweiterte sich dieser Kreis durch adelige Familien, Würdenträger und katholische Priester. Später kamen immer häufiger begüterte Familien dazu, welche mit einem einfachen Schriftstück und auch immer öfter mit einem künstlerisch gestalteten Gedenkblatt in unterschiedlichen Formaten die Mitteilung über den Tod eines Angehörigen drucken und verteilen ließen.

Jene Entwicklung begann in Flandern, Belgien und Holland und verbreitete sich dann aber rasch im 19. Jahrhundert im Rheinland und weiter im katholischen deutschsprachigen Raum. In evangelischen Gebieten dagegen waren häufiger gedruckte Grabreden im Umlauf.

Die heute bekannte Form der Sterbebilder gibt es seit etwa 1840, weiß der ehemalige Verwaltungsinspektor. Diese sollten neben dem Zugang zu religiöser Besinnung durch Fürbitten, Gebete und Ablassgebete für das Seelenheil der „armen Seele“ im Fegfeuer, auch zur Erinnerung an die Verstorbenen dienen.

Persönliche Angaben über Geburts- und Sterbedatum, Alter, Beruf und auch oft den Wohnort gehörten dazu. Wurden diese Sterbebilder anfangs großenteils kurz nach dem Tod der Betroffenen noch versandt oder verteilt, um Ort und Zeitpunkt der Bestattung mitzuteilen, so erhält man sie heute meist erst beim Requiem.

Demleitner verweist auch auf den Wandel der Motive auf den Sterbebildern. Zunächst dienten für den Text die Rückseite einfacher Heiligenbilder, später verwendete man dafür eigens gestaltete Bilder mit christlichen Trauersymbolen oder Bildern aus der Lebens- und Leidensgeschichte Jesu. Später versah man sie noch mit schwarzen Umrandungen. Heute sind stimmungsvolle Herbst- oder Abendlandschaften die Hauptmotive.

Vor allem im ersten Weltkrieg kam ein kleines Foto des Gefallenen hinzu, welches oft sogar per Hand aufgeklebt wurde. Mit der Fortentwicklung der Drucktechniken entstanden dann Farblithographien, also Steindrucke, und schon bald die mehrfach farbigen Bilder, die wir heute kennen.

Doch der ehemalige Aufsichtsbeamte für Standesamtswesen beim Landratsamt Amberg hat noch Weiteres vorzuzeigen, wie seine Ansichtskartensammlung. Mit einer unglaublichen Energie holt er „flugs wie ein Junger“ auch eines dieser Alben, welche er nach Gemeinden eingeteilt hat.

Er weiß über deren Beginn um 1870 als „Correspondentenkarte“, als Glückwunsch, Weihnachts-, Künstler, Jux- oder Feldpostkarten zu berichten. 1895 entstanden dann topographische Darstellungen, Ortsansichten, welche bei Sammlern weltweit bis heute großes Interesse finden, da sie oft alte, vergessene Ortsansichten zeigen.

1897 war dazu ein eigener Wirtschaftszweig entstanden. 60 Fabriken stellten Sammleralben her und 33000 meist Arbeiterinnen waren in  den Druckereien beschäftigt, wo 1,16 Milliarden Ansichtskarten im Spitzenjahr 1903/4 produziert wurde. Täglich wurden damals etwa eineinhalb Millionen Ansichtskarten versendet. Betrug das Porto zu Beginn 5 Pfennige, so kostete es am Ende der Inflation, im Dezember 1923 satte 30 Millionen Mark.

Doch nicht genug: der wegen seines Bekanntheitsgrades gern als „Landrat“ betitelte Demleitner greift, die Dramaturgie steigernd, zu seinen „Spitzenbildern“, die ihren Namen in jeder Hinsicht verdienen. Ihre Entstehung ist bis ins 13. und 14., Jahrhundert zurückzuführen, wo sie der oft analphabetischen Bevölkerung zur Anschauung dienten.

Es sind Darstellungen von Heiligen oder biblischen Szenen, welche zu Beginn in feinster Klosterarbeit mit filigranen Spitzen umgeben wurden. In der Demleitnerischen Sammlung befinden sich darunter ein Gebetszettel aus dem Jahr 1690 und auch ein Bild der Maria Theresia von Jesu Gerhardinger, der Gründerin der Armen Schulschwestern, sogar mit ihrer Unterschrift auf der Rückseite, einem winzigen Reliquiar und mit der Gebetsbitte um eine gute Sterbestunde.

Herstellungsort jener Spitzenbilder war meist Paris, aber auch aus Einsiedeln und Prag kamen oft jene mit Wasserfarben handkolorierten Kupferstiche. Diese wurden anfangs mit Eiweiß und später mit Lack zur besseren Haltbarkeit überzogen.

Bei großen Wallfahrten wurden nicht selten jene Andachtsbildchen verteilt und sie galten dann als zurück in der Heimat als „Beweis“ dafür, dass man teilgenommen hatte. In Altötting wurde dabei auf jede Darstellung des Gnadenbilds sogar ein kleines Stück des Schleiers geklebt, mit dem das Gnadenbild während der Karwoche verhüllt war.

Kurios sind die „Hauchbildchen“, welche ursprünglich mit tierischen Sulzen und Gelatine, später dann mit Zellophanfolie überzogen wurden und sich beim Anhauchen krümmten. Im Album finden sich auch die manchen älteren Herrschaften noch gut bekannten „Fleißbildchen“, welche Schüler für besondere Leistungen, nicht selten nach dem Sammeln von „Gut-Zettelchen“ bekommen haben.

Selbst der Keller der Demleitners birgt Raritäten, wo von eigenen Regalen fein säuberlichst insgesamt über 60 (legal erworbene) Kevelaer, also steinerne Maß- und Seidelkrüge, grüßen. Ob daraus wohl einmal ein reich ausgestattetes eigenes Heimatmuseum werden wird, fragt man sich spontan. Die halbe Ausstattung dazu könnte man ja schon bei Demleitners finden.

Herbert Demleitner

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(links)Gebetszettel aus dem Jahr 1690 auf der Rückseite mit einem winzigen Reliquiar, mit der Gebetsbitte um eine gute Sterbestunde und Unterschrift (Mitte), der Schwester Maria Theresia von Jesu Gerhardinger, Gründerin der Armen Schulschwestern

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Ältestes Sterbebild 1808

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Mariahilfbildchen ohne Text

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Postkarte von Hahnbach 1897

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Massengrab aus dem 1. Weltkrieg in Lothringen

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