Vilseck: Drei Ruppert-Boder in Vilseck - Aus der Geschichte der Friseurfamilie Ruppert

Am 15. Juli 1912 unterzog sich ein junger 27-jähriger Mann in Nürnberg der Approbationprüfung zum Bader. Sein Name war Johann Heinrich Ruppert. Dem gebürtigen Eschenfeldener wurde durch den königlichen Kreismedizinalrat Müller die Befähigung zum Bader bescheinigt.

Mit diesem Approbationsschein in Händen kam der junge Bader Johann Ruppert dann nach Vilseck und übte hier seinen Beruf aus. Man nannte ihn schlicht und einfach: den Boder. 1916 heiratete er die Hebamme Anna Maria Ertl aus Langenbruck. 1929 erwarb das Ehepaar Ruppert das Anwesen Schloßgasse 1 von August Winkelmaier.

Der Ruppert-Boder war stets gut beschäftigt. Da sich viele Leute aus Vilseck und Umgebung keinen Arzt, geschweige denn ein Krankenhaus leisten konnten, mussten sie sich bei Krankheiten, Verletzungen und Zahnschmerzen in die Hände des Baders begeben. Man kann sich denken, dass seine Gerätschaften vorsintflutlich waren.

Beim Zähne-Ziehen assistierte ihm stets seine Frau, die den Patienten zur rechten Zeit fest die Ohren an den Kopf presste. Kinder kamen mit ihren Müttern oft schon weinend ins Haus und mussten getröstet werden. „Wenn der Zahn bereits locker war, verspürte man beim Reißen kaum etwas“, erinnert sich eine alte Vilseckerin.

„Schmerzhafter war da schon das Einrenken einer Schulter oder das Herausschneiden eines Furunkels“. Auch das Schröpfen, das Ansetzen von Blutegel, stand hi und da auf der Tagesordnung. Alte und Kranke wurden besucht und behandelt. Ebenso war der Boder als Leichenschauer tätig. Er stach den Toten in Zehe oder Ferse, um sicher zu gehen, dass der Mensch auch wirklich tot war.

Dass man von derlei Beschäftigungen nicht reich wurde, versteht sich von selbst. Zum Glück kamen damals viele Kinder zur Welt. Da war die Ruppert-Hebamm‘ gefragt, die mit Hausgeburten das Einkommen der kleinen Familie aufbesserte. 1934 machte Johann Ruppert die Meisterprüfung im Friseurhandwerk. Rasieren und Haareschneiden hatten schon vorher zu den Aufgaben des Baders gehört.

Sohn Heinrich, geboren 1919, lernte bei seinem Vater das Friseurhandwerk und machte 1947 die Meisterprüfung. Er übernahm 1954 das Geschäft und heiratete Maria Götz (Danninger). Die 4 Kinder waren noch klein, als ihre Eltern 1963 bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben kamen.

8 Jahre lang, von 1963 bis 1971 wurde dann das Friseurgeschäft von Adolf Kaiser weitergeführt. Mittlerweile zeichnete sich ab, dass Sohn Karl die Gene seiner Vorfahren geerbt hatte und selbst Friseur werden wollte. Er ging zusammen mit seiner Zwillingsschwester Marianne bei Friseur Dieter Riedel in die Lehre und eröffnete 1979 den Damen- und Herrensalon Ruppert neu. Nun gab es endlich wieder einen Ruppert-Boder.

Karl, der 1978 seine Meisterprüfung abgelegt hatte, wurde 2014 mit dem  Goldenen Meisterbrief ausgezeichnet. „Den bekommt man, wenn man ein Geschäft 35 Jahre lang geführt hat“, erzählt er stolz. „Und sicher kommen noch ein paar Jahre hinzu“, fügt der 59-Jährige an.

Mit der Meisterprüfung von Tochter Karolin im Jahre 2007 und der geplanten Geschäftsübernahme durch sie wird das Friseurgeschäft Ruppert in Vilseck hoffentlich noch lange Bestand haben, und man wird sich weiterhin gerne an die drei Ruppert-Boder erinnern und den Hausnamen weiter im Sprachgebrauch haben.    

„Johann Ruppert“: (1885-1967) Von 1916 bis 1953 übte Johann Ruppert in Vilseck den Beruf des Baders und Friseurmeisters aus

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„Brautpaar Anna und Joh. Ruppert“: Als Soldat im 1. Weltkrieg heiratete Johann Ruppert 1916 die Hebamme Anna Ertl. Es war eine sogenannte Kriegstrauung

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„Ruppert-Haus um 1934“: Johann Ruppert kaufte 1929 das Haus Schloßgasse 1 von August Winkelmaier und eröffnete darin sein Friseurgeschäft

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„Beim Ruppert-Boder“: Johann Ruppert (rechts) in seiner Frisierstube beim Haareschneiden. Ein Lehrling sprüht den Kunden mit Duftwasser ein

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„Heinrich Ruppert“:  (1919-1963) Im Jahre 1954 übernahm Heinrich Ruppert das Friseurgeschäft seines Vaters. Er starb 1963 zusammen mit seiner Frau bei einem tragischen Verkehrsunfall

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