Kriegsende in Hahnbach

Das Kriegsende, wie es Anton Platzer (*23.7.1931 - verst. 8.7.2023) erlebte

„Bei Kriegsende bin ich noch 13, aber schon aus der Schule draus g’wen, denn am 1. April 1945 war da nämlich Schuljahresende.

Wia am 20. April 45 Hitlers Geburtstag ang‘standen is, hab ich g’hört, wie sogar ein deutscher Soldat g’moint hat, dass ja etz, weil die versprochene „Wunderwaffe“ nicht kommen ist, es wohl „dahigejt“.

Ein Tag später, am Samstag, den 21. April 1945, war dann ein langer Auszug von Hahnbachern in Richtung von di Keller an der Bayreuther Straße.

Aa mei Mutter und mei Schwestern, die Annelies und die Friederike, haben schnell allerhand zammpackt und ich hab ihnen g‘holfn, alles im ersten Keller zu verstauen. Denn in unserem, viel sichererem Keller, hat‘s gar kein Platz mehr gegeben. Dicht gedrängt sind dort alle recht nachdenklich g‘hockt und ham g‘wart. Ich denk, es waren fast bloß Hahnbacher dort, i moan, die Zwangsarbeiter aus Polen oder Belgien san bal alle im Ort bliebn.

Ich selber hab daheim beim Vater und meiner Schwester Mare bleibn und a noch die Küh füttern müssen.

Ich hab g‘schlafn, wia gegen Mitternacht der Beschuss der Amerikaner von Norden her losgangen is. Durch den Krach bin ich aufg‘wacht. Natürlich hab ich Angst g‘habt, bin aufg‘standn und zu den Kellern nausganga.

Irgendwie ganz seltsam is des schon für mich g‘wen, aber a mords Schock war’s niat fir mi. Den hab ich aber g‘habt, als damals im März 45 Nürnberg bombardiert worden is und i den riesigen Feuerschein im Westen von Hahnbach g’sehn hab. Seit dera Zeit san alle innerlich irgendwie auf Krieg eingestellt g‘wesen, nix is mehr normal g’wen und jede Zukunft hat ma in Frage g‘stellt.

In die Kellarala hom bloss a paar Kerzen gleicht, alle san ganz stad und volla Angst im Keller gs`sen. Mir worn a wia g`lähmt und genau ham mir g‘hört, wie es immer wieder bei Einschlägen kracht hat. Na, g‘schlafen hat da koina, alle ham se g’scheit kimmert, wia des ebba weitergeht.

Dann is in der Frij uma sechse der Pfarrer Johann Meyer und die Klosterschwestern mit dem Allerheiligsten kommen. A Messe is gelesen worn und alle ham die Generealabsolution kriagt. Doch an a Austeilen von der Kommunion hat ma gar nicht denken braucha, denn koina war wecha die vielen Leit durchkomma, so drucktvoll wors dau.

Am Sonntagvormittag san dann die amerikanischen Soldaten vor die Keller g‘standn. Wir san nachert alle separiert worn. Frauen und Kinder und ich a, weil ich ja noch nicht 14 g’wen bin, ham zuerst in Richtung Süß gehen müsen, wo mir auf einem Acker erstmal ham warten müssen. Auch die Männer ham‘s in Richtung Süß geführt und visitiert. Doch scho bald ham alle wieder zurück nach Hahnbach z’ruckgehen derm, glab i.

Mein Vater hat scho früh am Sonntagvormittag nach dem Füttern alle Küh auf‘n Ochsenschlag trieben, wo eine umzäunte Weiden g’wesen ist. Die Kälber oba ham ma im Stall lassn, wal di hätte man nicht so einfach wegführen können. Aber die Kühe san ja Zugtiere g’wen, dia warn recht brav und ham g’folgt.

Am Oberen Tor ham unserne Soldaten a por Tage davor mit Baumstämm eine Panzersperre baut, dia war aber schon zum Teil obauat, wia mir zurückderft ham. Oba wir san da gar nicht durchganga, sondern von Norden, vom Raiffeisen her, san mir zurück in unser Haus.

Für Einige is der Doch aber noch einmal recht brenzlich worn. Die polnischen Zwangsarbeiter ham nämlich den amerikanischen Soldaten zeigen solln, woa se vielleicht Nazis und unliebsame Personen versteckt ham.

Dia ham dann nicht ungern auf Häuser und Leute verwiesn, dia sie aus verschiedensten Gründen nicht g‘miggt ham. Ich denk, da war mancher Neid, vielleicht sogar unerwiderte Liebe oder gar a Wuat auf bestimmte Personen dabei. Die amerikanischen Soldaten ham dann von dene anzeigten Leut die Ausquartierung verlangt und san selber glei in dera Häuser einzong, allerdings, moin i, blos für oj Nacht.

Wir ham – Gott sei Dank - niat aus dem Haus asse g’miasst. Vielleicht, weil mein Vater sich öfter freundlich mit dem polnischen Zwangsarbeiter vom Nachbarn, dem Franken, unterhalten hat und vielleicht a, weil unser Haus damals nicht recht schej, ja direkt a wenig orakumma wor. Es hätt längst schon orageputzt g‘hört und wor echt koi Zierde im Makk.

Mein Vater is dann mit meiner älteren Schwester Mare und di Küh wieder vom Ochsenschlag zurückg‘kommen und - obwohl er Volkssturmführer g‘wen is – is ihm nix durch die GIs passiert.

Mei Mutter, mei Schwestern und i, wir san noch am Sonntag mit am Leiterwagen zu die Keller gefahren, um unser Zeich zu holen. Na, recht wos Wertvolles war da niat dabei, hab’n mir ja gor niat g’habt, aber halt viel, wos ma braucht hat, wia Bettzeug, Matratzen und so halt.

Klar, dass mir uns a die Einschläg, vor allem an der Kircha ang’schaut ham. Da war‘n sechs Volltreffer im Turm und zwoa am Seitenschiff. Die Fenster waren alle kaputt und der Wind hat ner so durch die kalte Kircha pfiffn.

Der Beckerhansl, der Bäumler Georg, is bis vor am Jahr in Hahnbach der Bürgermeister gewesen, aber dann hat er sei Amt am Dejndl Jak, am Siegert Jakob, übergeben. Der is dann von die Amerikaner glei „verdonnert“ worn, er soll den großen Eckstein am Platzerhaus neben dem Oberen Tor weghaua. Aber erstens war des völlig unmöglich g’wen und zweitens hat der große Granitstein ja eine wichtige Funktion für Haus und Tor g‘habt. Also kurz: der Sta ist heute noch da!

Schon einem Tag später san die amerikanischen Soldaten in Richtung Amberg wieder weiterzong und im Markt war erstmal a Rua, oba a ganz a komische Rua. Koina hot recht wos song ming.

Wie`s weitergegangen is? Naja, ich hob fest daham anpacken mian, im Bauernhof und im Holz. Dann hab ich mehr wia g’nuch Arbeit als Holzarbeiter g‘habt, weil ma viele Baumstämm unter anderem für den Neubau vo der Max-Prechtl-Schule braucht hat. Vier Jahre bin ich dann noch beim Köper Fritz am Bau g’wen und dann hab i im Erzberg g’orbat.

A Haffa Flichtling san damals anu daugwen, bal 800. Die oina hom sogor in die Kellala ag’fangt Betonstoi und Dochziegel zu macha. Dau ist dann fei as dene sogoa die Riesenfirma von die Voit Betonwerke dras worn. Wer heit denn des denkt?!

Owa froach bin i fei scho, das dej Zeit umme is!

Ergänzung

Für ihre Facharbeit im Fach Geschichte hat Eva Moosburger (*16.4.1987) 2006 mehrere ältere Herrschaften zum Thema „Hahnbach im Nationalsozialismus“ interviewt.

Diese wussten zudem, dass kurz vor der Ankunft der amerikanischen Soldaten im Rathaus morgen gegen vier Uhr ein Brand das Archiv vernichtet habe. Man hätte schon gewusst, wer es gewesen war, aber niemand sei verraten worden.

Ebenfalls berichteten sie von den dramatischen Stunden in den Hahnbacher Kellern an der damaligen Bayreuther Straße. Auch meinten sie, dass diese schon vorher als Unterschlupf bei Fliegeralarm gedient hatten und man sie wohlweislich mit einem Lüftungssystem und einem Wasserlauf versehen hatte.

Sie erinnerten sich ebenso, dass beim Beschuss mit über 30 Bomben am 21. und 22. April 1945 ein Flüchtling getroffen worden sei.

Bürgermeister Jakob Siegert und Sturmbandführer Sebastian Wiesnet sollen ungefähr ein halbes Jahr lang im Gefängnis in Hersbruck eingesperrt gewesen sein, wo sie schlecht behandelt und auch geschlagen wurden.

Sie erwähnten auch, dass nach dem Einrücken der Amerikaner alle für ein paar Tage ihre Häuser verlassen mussten, aber die Tiere regelmäßig füttern und melken durften.

Weiter berichteten sie, dass russische Plünderer von den Amerikanern erschossen worden sind. Als ein Hahnbacher eine Handgranate gefunden hat, habe diese ihm bei der Explosion einen Arm abgerissen.

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