Erstes Buch von Tobias Sichelstiel „Schattenseiten – Licht“ - Lesung für Kulturinteressiert

Fremd und irgendwie doch vertraut eröffneten Klänge einer Nyckelharpa den sonoren Vortrag des ersten Buchs „Schattenseiten – Licht“ von Tobias Sichelstiel. Musikalisch umrahmt von Dr. Ludwig Legat und gelesen von Dr. Ludwig von Weikersthal entführten gut gewählte Ausschnitte im Nebenraum der Buchandlung Mayr Freunde und Kulturinteressierte in ferne Wüstenwelten und untergehende Kulturen.

Der Vortrag des mit 576 Seiten umfangreichen Buches fand passend vor der Arbeit in Blei und Messing von Hermann Stadler mit dem Titel „Der Dichter träumt“ statt. Perfekt dazu lautete auch die eröffnende Buchwidmung „Für alle Träumer, gefangen in euch selbst“. Gelassen und ruhig vorgetragene poetisch detaillierte Beschreibungen entführten zu einer Wüstenkarawane. An der Grenze zwischen Lebenswillen und Wahnsinn folgte man manch plastischen Schilderungen innerer und äußerer Welten der Protagonisten.

Irreelles und Reelles verschmolzen traumtänzerisch am Rande des Wahnsinns des Beduinen Rahab, dessen unzerstörbarer Lebenswille jedoch schließlich dominierte. Verknüpfte Lebensfäden, Mitmenschlichkeit, ein Begreifen des Lebens „als kostbares, verrinnendes Gut“ tauchten, einem Schattenspiel ähnlich, immer wieder auf und fesselten die Zuhörer über 60 Minuten lang. Eine erstarkende Macht scheint seine Lebensfäden, die eines Kriegers und eines Jungen und sogar eines wilden Tieres in der Hand zu heben.

„Frauen wie Konfekt, das bezahlt werden kann“ und Scham über niedrige männliche Triebe und Raffsucht mischten sich im zweiten Teil mit einer intensiven Suche nach Seelenruhe. Doch diese werde von allen nur „dosiert vertragen“, erfuhr man. Alte Kulturwelten entschwebten vor dem inneren Auge und es galt „Lebenswege hinter fremden Horizonten“ zu suchen.

Ein Lob auf eine Männerfreundschaft, welche auch schweigen könne und helfe, den „bis dato verborgenen Weg“ zu finden, eröffnete „Freiheiten wie Federflug“. Dann würden Menschen „am Rande des Erträglichen“ nicht aufgeben und könnten einen „eisigen, verlorenen Windhauch in der Wüste“ erleben. „Singende Dünen“ wussten von einem „Heißhunger auf Leben“, obwohl „die Wirklichkeit bereit zur Invasion“ war und man ernüchtert konstatierte: „Traumeland ist abgebrannt“.

Tierisches Lechzen eines Wolfes nach Fleisch und die glänzenden Erscheinungen von Ringern führten schließlich zum Philosophieren über Gewinnen und Verlieren. Sichelstiel geißelt zudem jenes „Duellieren mit Sätzen zur Profilierung durch Nonsens“ und „fehlgeleitete Begierden, welche in Gaunereien enden“. Ein „Leiden unter dem enormen Druck der Fassade“ mit „Fußfesseln der Sprache“ und „oberflächlichem Mitleid von im Innern bitterarmen Geschöpfen“ warf Blicke in die Jetztzeit, bis zum Schluss der Protagonist Rahab auf „Dünen aus Wasser“ hinwegsegelt und „gewinnt“.

Dr. Legat vertiefte auf seiner Dulcimer die Impressionen einer fremden und kaum vertrauten Welt. Mehrstimmig, mal zart und leise, dann wieder anschwellend und kräftig, scheinbar klagend und doch getragen von einer zuversichtlichen Grundstimmung, ergänzten seine Vorträge hervorragend die Präsentation. Starker Applaus dankte allen und auch Rosmarie Mayr für ihre kulturfreundliche Gastfreundschaft.

Der Vortragende Dr. Ludwig Fischer von Weikersthal, Autor Tobias Sichelstiel mit seinem Sohn Jakob und Dr. Gerhard Legat, welcher für den musikalischen Rahmen sorgte

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