Fragen an Pfarrer und Dekan Dr. Christian Schulz

Das Interview mit Dekan Dr. Christian Schulz, Pfarrer der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Hahnbach, St. Jakobus, Gebenbach, St. Martin, Urulapoppenricht, St. Ursula führte Frau Marianne Moosburger.

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1. Welche Sorgen, aber auch welche positiven Erfahrungen verbinden Sie mit der nun schon so langen Coronapandemie?

Wohl alle Verantwortlichen in der Kirche treibt gegenwärtig sicher die Sorge um, wie die Entwicklung in einer hoffentlich so schnell wie möglich eintretenden „Nach-Corona-Zeit“ weitergehen wird. Wenn nicht in manchen Bereichen ganz zum Erliegen gekommen, so ist das seelsorgliche und liturgische Leben unserer Pfarreien doch nur unter erschwerten, ja ich möchte sagen, nur unter sehr „künstlichen“ Bedingungen möglich.

Das kann auf Dauer nicht ohne Folgen bleiben. Welche das sind, ist aber im Augenblick für mich schwer abzuschätzen. Es steht z.B. einerseits zu befürchten, dass es in einem schleichenden Prozess der Gewöhnung bei manchen zu einer „Entwöhnung“ vom pfarrlichen Leben kommen kann. Das dürfte wohl besonders bei jenen eine Rolle spielen, die innerlich ohnehin nie so recht bei der Sache waren. Hier wirkt die Pandemie-Situation wie ein Katalysator als Beschleuniger einer Entwicklung, die auch so schon wahrnehmbar war und ist.

Das ist aber bestimmt kein zwingender Lauf der Dinge. Es hängt doch vor allem an ganz persönlichen Entscheidungen von einzelnen Menschen. Und so gibt es auch völlig gegenteilige Erfahrungen: Da sagte mir vor kurzem z.B. eine junge Familienmutter, dass ihr bei den Sonntagsgottesdiensten trotz sorgfältiger Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen unwohl sei. Es seien gefühlt einfach zu viele Menschen da.

Weil ihr die Mitfeier der Hl. Messe aber so viel bedeutet, besucht sie dann eben wöchentlich mindestens eine der vielen Werktagsmessen. Hier ist die Zahl der Teilnehmenden einfach überschaubarer. Ich jedenfalls finde dieses eigenverantwortliche und zugleich starke Glaubenszeugnis sehr ermutigend.

Schaue ich auf unsere große Ministrantenschar, dann gibt es hier bisher Gott sei Dank keine Absetzbewegung. Und die Neuminis des letzten Jahres, mit denen wir bisher noch nicht einmal haben proben können, warten wirklich voll Ungeduld und Freude, dass es endlich (wieder) losgehen kann. Die gleiche Haltung legen übrigens auch die zahlreichen Ehrenamtlichen in den verschiedenen Aufgaben unserer Pfarreien an den Tag.

2. In einer Ihrer letzten Predigten haben sie von neuen (ermutigenden) Formen gesprochen, wie z.B. den weihnachtlichen Andachten im Freien in den Markt- und Gemeindeteilen. Sehr Viele haben sich von diesen niedrigschwelligen Angeboten ansprechen lassen. Soll wieder Ähnliches, z.B. in der Fasten- und Osterzeit, stattfinden?

Überlegungen hierzu sind mit Blick auf Ostern im Gange, ja. Gerade, weil wir in der Weihnachtszeit sehr positive Erfahrungen gemacht haben. Der Einsatz pfarrlicher Kräfte bis hin zu den Hahnbacher Marktbläsern und anderen Musikern war z.B. bei den Strassenandachten an gut 20 Plätzen in den Pfarreien Hahnbach und Gebenbach wirklich großartig und der Zuspruch ebenso.

In Ursulapoppenricht fand die Idee „Weihnachten in der Tüte“ besonders für Familien mit Kindern wirklich großen Anklang. Sehr beeindruckend war dort auch, mit wieviel Kreativität und Einsatzfreude seitens der Ministranten die Sternsingeraktion in verschiedenen Stationen durchgeführt wurde.

All das soll uns natürlich Ansporn sein, auch Ostern als höchstes christliches Fest entsprechend zu gestalten. Während ja bei den Christmetten der Weg beschritten wurde, diese Feiern zahlenmäßig zu vermehren, um möglichst vielen die Mitfeier in der Kirche zugänglich zu machen, wird das für die Liturgien der „Hl. Drei Tage“ aufgrund ihres besonderen Gefüges nach meiner Einschätzung nicht möglich sein. Daher werden ergänzende Wege zur Verkündigung der Osterbotschaft in dieser Zeit umso wichtiger sein.

3. Sie sind Dekan einer großen, bunten „Pfarreien-Familie“. Welche neuen Aspekte haben sich dabei für Sie geöffnet? Wie sehen Sie deren Zukunft? Werden wir weitere Priester aus dem Ausland bekommen / benötigen?

Seit meinem Amtsantritt im Februar 2020 sind die Möglichkeiten, in Belangen des Dekanates zusammenzukommen bzw. tätig zu werden, leider sehr überschaubar gewesen. Grundsätzlich aber empfinde ich, neben allen Formalia, die zu erledigen sind, den gemeinsamen Austausch aller Mitglieder der Dekanatskonferenz gerade auch in der jetzt so schwierigen Zeit als sehr bereichernd.

Bestärkend ist auch die Wahrnehmung des vielfach sehr engagierten Einsatzes nicht nur der Hauptamtlichen, sondern auch der ehrenamtlich in unseren Pfarreien bzw. Pfarreiengemeinschaften Mitwirkenden.

Mir scheint, was schon für unsere Pfarreiengemeinschaften gilt und oft leider immer noch, wenn überhaupt, schwer genug umzusetzen ist, könnte auch für ein Dekanat wertvoll sein und sollte nach meiner Einschätzung forciert werden: Nicht alles kann und muss überall gleich angeboten sein. Wie sollte das auch bei all den Unterschiedlichkeiten und oft sehr differierenden Ressourcen gehen? Beherztes, pfarreiübergreifendes Miteinander böte hier sicher einen echten Ansatz, voneinander zu profitieren.

Was die Zukunft anbelangt, so steht inzwischen fest, dass bereits ab 1. September 2021 die schon länger geplante Dekanatsreform in unserer Diözese greifen wird. Die bisherigen Dekanate Sulzbach-Hirschau und Amberg-Ensdorf werden dann zu einem neuen Dekanat zusammengefügt. Diese Veränderung ist auch verbunden mit einem zu erstellenden Pastoralplan. Das bedingt dann natürlich auch manche Neuausrichtung.

Zu der Frage nach Priestern aus dem Ausland, ich persönlich bezeichne sie lieber als „Mitbrüder aus der Weltkirche“, kann ich nur sagen, dass sie auch künftig ein unverzichtbarer und nicht hoch genug zu schätzender Teil der pastoralen Planungen sein werden.

4. Wurden schon Teile der Maßnahmen „Vorbeugung gegen Missbrauch“, die sie in der letzten Pfarrversammlung vorgestellt haben, in ihrem Dekanat umgesetzt / begonnen?

Das „Institutionelle Schutzkonzept zur Prävention von sexualisierter Gewalt“, wie es flächendeckend in unserer Diözese umzusetzen ist, befindet sich in den Pfarreien unseres Dekanates Sulzbach-Hirschau in ganz unterschiedlichen Stadien. An sich war als zeitliche Zielvorgabe der vergangene November verbindlich vorgesehen. Tatsächlich sind wir alle aber leider von der Pandemie kalt erwischt worden.

Das Besondere dieses Schutzkonzeptes liegt ja darin, pfarrei-individuell, gemeindebezogen und gruppeneinbezogen ausgerichtet zu sein. Daher versteht es sich von allein, dass dessen Erstellung nur unter Beteiligung aller, die in die Arbeit/Seelsorge mit und an Kindern und Jugendlichen bzw. Schutzbefohlenen involviert sind und natürlich unter Einbeziehung dieser Gruppen selbst, möglich ist.

Dazu braucht es nun aber unbedingt entsprechende Zusammenkünfte mit den verschiedensten Personenkreisen. Die Möglichkeiten dazu sind aber seit Beginn der Pandemie sehr begrenzt bzw. längstens überhaupt nicht gegeben. Und digitale Wege der Kommunikation sind bei dieser Thematik und vor allem bei einer solchen Breite an einzubindenden Beteiligten keine wirkliche Alternative. Wir alle werden also, sobald es die Rahmenbedingungen wieder zulassen, die Arbeit an diesem Schutzkonzept fortsetzen und so zügig wie möglich vollenden.

5. Möchten Sie (irgend)etwas zu Papst Franziskus, zum synodalen Weg oder zur viel diskutierten Zurückhaltung von Erzbischof Woelki … sagen?

„Irgendetwas“ wäre sicher nicht angemessen und „etwas“ ist bestimmt immer zu wenig. Aber ich will trotzdem frei und offen einige ganz persönliche Anmerkungen machen.

Papst Franziskus hat für mich etwas erfrischend Irritierendes. Er lässt sich nicht simpel, wie es so oft in aufgeregt kirchlichen Kreisen beliebt ist, in irgendeine Schublade stecken. Jedenfalls wird - je länger je mehr - in seinem Pontifikat deutlich, dass er sich ganz bestimmt nicht von Erwartungshaltungen irgendwelcher Partikularmeinungen treiben lässt. Sein erstes Anliegen ist klar erkennbar die Seelsorge am Menschen.

Echte Seelsorge aber gibt es nur mit Inhalten des Glaubens und des moralisch guten Handelns, die nicht einfach beliebig, sondern untrennbar mit der „Wahrheitsfrage“ verbunden sind. Gerade das betont Papst Franziskus wieder und wieder. Insofern sehe ich auch eine vollkommene Kontinuität zwischen ihm und seinen Vorgängern im Petrusdienst, ganz unabhängig von allen Unterschieden in der Persönlichkeit. Alles andere wäre ja auch wirklich eigenartig!

Zum sog. „Synodalen Weg“ gefragt, an dessen Anfang schon eine völlig unsachgemäße, ja geradezu suggestive Verknüpfung der „Missbrauchsthematik“ mit theologischen Kernfragen steht, könnte ich jetzt sagen: Miteinander reden ist immer gut! Das wäre dann aber doch etwas dürftig. Schließlich stehen auf dessen Agenda Themen, die substanzielle Inhalte der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre betreffen.

Ich kann hier jetzt nicht detailliert in diese Diskussion einsteigen. Grundsätzlich möchte ich aber doch anmerken, dass hier vielfach konkrete Forderungen erhoben werden, die sich der trügerischen Illusion verdanken, es gäbe tatsächlichen Spielraum für beliebige Änderungen in diesen Belangen gegen die bisherige Lehre der Kirche (z.B. „die nur Männern vorbehaltene Priesterweihe“).

Und diese Illusion wird nicht selten durch kirchliche Verantwortungsträger bis hin zu Bischöfen befördert, indem sie diese Forderungen entweder selbst vertreten oder aber - häufiger noch - darauf verweisen, dies und jenes sei zwar berechtigt, könne aber nur gesamtkirchlich angegangen werden.

Obwohl die einen wie die anderen genau wissen, dass es Inhalte gibt, die der Verfügungsgewalt selbst des Papstes oder eines Konzils entzogen sind. Dieses Abschieben von Verantwortung, diese Furcht, klar und in Treue zum überlieferten Glauben auch gegen zu erwartende Widerstände zu stehen, das hat für mich schon etwas sehr Verstörendes.

Was nun die Vorgänge um die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln anbelangt, beschränkt sich meine Wahrnehmung natürlich nur auf Informationen, die allgemein zugänglich sind. Kardinal Woelki spricht jedenfalls von begründeten Zweifeln an der Rechtssicherheit des ersten Gutachtens der Münchner Kanzlei und weist zudem darauf hin, dass die verhältnismäßig wenigen Fälle, die in dieses Gutachten eingegangen seien, zu wenig repräsentative Aussagekraft besäßen.

Von daher scheint es doch nur folgerichtig, ein zweites, methodisch solideres und breiter angelegtes Gutachten bei einer anderen unabhängigen Kanzlei beauftragt zu haben. Das soll nach derzeitigem Stand schließlich am 18. März präsentiert werden.

Der Kardinal hat zudem betont, was natürlich an sich eine Selbstverständlichkeit ist, bei eigenem Fehlverhalten die Verantwortung dafür zu übernehmen. Ich denke, das ist kurz zusammengefasst der Stand der Dinge. Und ich zweifle nicht daran, dass am Ende alles Notwendige auch offen auf dem Tisch liegen wird, um dem völlig berechtigten Anliegen der kirchlichen wie der nichtkirchlichen Öffentlichkeit nach Transparenz zu entsprechen.

Wie dieser der Wahrheit verpflichtete Weg beschritten werden kann, zeigt ja auf beispielhafte Art und Weise die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in unserer Diözese Regensburg.

6. Wann wird mit der Pfarrsaalrenovierung begonnen? Für wann ist eine Fertigstellung anvisiert?

Das Ausschreibungsverfahren hat begonnen. Wir sind zuversichtlich, dass bei entsprechender Angebotslage zeitnah mit der Baumaßnahme begonnen werden kann. Für wann die Fertigstellung anvisiert ist? Eher heute als morgen (lacht) – Im Ernst: Gerade in diesen Corona-Zeiten wage ich da lieber keine Prognose.

7. Wann geht es los mit der neuen Kinderkrippe? Wie hoch ist der Bedarf?

Die Gruppenzahl der insgesamt vier Kindertagesstätten unserer drei Pfarreien liegt schon jetzt um einiges über dem Sollwert. Darum ist die Übernahme künftiger Trägerschaft für die neu geplante Kinderkrippe ohnehin für uns kein Thema. Die Beantwortung Ihrer Frage liegt daher ganz bei unserem Herrn Bürgermeister bzw. dem Hahnbacher Marktgemeinderat.

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