„Besondere Menschen“ in Hahnbach heute Teil 16 - Ingrid Kurz

Weit über Hahnbachs Grenzen hinaus ist Ingrid Kurz (* 27.03.1944) bekannt

Jederzeit freundlich erzählt sie: „Meine Eltern waren Barbara und Ernst Krause, früher Landwirt, dann Arbeiter. Meine Mutter war eine echte Hirschauerin, eine gebornene Meier. Mein Vater stammte aus Berthelsdorf bei Freiberg in Sachsen, wohin ihm auch meine Mutter bei der Heirat folgte. 

Mein Vater hatte dort ein landwirtschaftliches Anwesen. Doch interessanterweise fuhr nach meiner Geburt meine Mutter mit meinem Bruder und mir nach Hirschau, um mich dort in der Pfarrkirche taufen zu lassen.

Frau Luber, die damalige Hebamme, trug mich dabei als Säugling in die Kirche, worauf ich heute noch stolz bin.

Mein Bruder Helmar ist 3 Jahre älter als ich. Er lebt jetzt auf Vancouver Island in Kanada.

Am 06.11.1952 flüchtete unsere Familie aus der damaligen DDR über Berlin, wo wir die Anerkennung als politische Flüchtlinge erhielten. Schon am 04.12.1952 wurden wir von Berlin mit einem großen viermotorigen amerikanischen Flugzeug nach Frankfurt ausgeflogen.

Im Haus meiner Großeltern in Hirschau wurden wir dann herzlich aufgenommen und wohnten dort ab Dezember 1952.

Meine Kindheitserinnerungen hat natürlich diese Flucht aus der DDR nachhaltig geprägt

Damals fand ich unter anderem äußerst spannend und faszinierend, dass, nachdem wir aus dem Flugzeug in Frankfurt stiegen und mit dem Bus bis zur Eingangshalle fuhren, dort eine große Eingangstüre „wie von Zauberhand“ automatisch auf und zu ging.

Mit dem Zug ging es weiter nach Nürnberg. Es war das Fest des Heiligen Nikolaus, der 05.12.1952. Dieser Tag ist mir seitdem unauslöschlich im Gedächtnis geblieben. Denn ein Arbeiter, einer der weiteren Gäste im Zug, schenkte mir „zum Nikolaus“ ein 2 DM Stück – einfach so! Für mich war dies schlichtweg unbeschreiblich! Mein erstes eigenes Geld!
Seit dieser Zeit mag ich auch gerne Geschenke in Form von Geld hergeben und freu´ mich, wenn man sich darüber freut.

Am liebsten würde ich ein Buch über diese Zeit schreiben, hoffentlich bleibt mir dazu noch die Zeit und Energie!

Ich wusste übrigens schon damals in der DDR, dass ich den Adenauer einmal wählen werde.
Nach der Wende 1990 habe ich das Anwesen in Berthelsdorf 1997 zurück erhalten. Bis heute besitze ich es und bewirtschafte es. Die landwirtschaftliche Fläche habe ich verpachtet.

Meine weitesten Reisen führten mich nach Nepal, womit ein Kindheitstraum wahr wurde. Auch war ich zweimal in Kanada bei meinem Bruder und in New York, wo ich, wenigstens einmal im Leben unbedingt die Freiheitsstatue persönlich sehen wollte.

Zu tiefst dankbar bin ich meinen Eltern, die für mich und meine Kinder immer da waren. Sie ermöglichten so auch meine nicht immer leichte politische Arbeit.

Auch meine beiden Tanten, die Schwestern meiner Mutter, prägten mich fürs Leben, da sie mich als Kind und Teenager immer unterstützten.

Meine Freizeitbeschäftigungen waren und sind immer unterschiedlich. Sie orientierten sich auch am jeweiligen Alter und den Möglichkeiten.

Durch den Tod meines Mannes bin ich nun alleine, wodurch sich mein Leben enorm verändert hat.

Zurückblickend erinnere ich mich gerne an meine politische Arbeit, weil ich hier auch viel
für andere Menschen erreichen konnte, ob im Marktgemeinderat, im Kreistag oder im Bezirkstag.

Am liebsten engagierte ich mich vor allem dort, wo es in erster Linie um soziale Belange ging und ich bin dankbar, dass sich hier, auch dank meines Engagements viel verbessert hat.
Sehr froh bin ich, dass mein Mann, meine Kinder und meine Eltern mich immer sehr unterstützt haben. Nur so war auch diese notwendige Arbeit möglich.

Viel Anerkennung gebührt auch den Leuten von Unterschalkenbach, wohin wir zogen, ganz jung verheiratet und wo mein Mann Manfred die Lehrerstelle bekam. Wir wurden wirklich liebevoll aufgenommen und auch die Schulkinder waren und sind dort gut erzogen, hilfsbereit und lernen tüchtig. Meine Töchter erklärten mir einmal: „Mama, gell, wir gehen nie von Unterschalkenbach weg!“.

Diese freundliche Aufnahme erfuhren wir aber auch stets von den Hahnbachern und den anderen Ortsteilen.

Persönlich wurde ich immer von den Mitgliedern der Frauen-Union in Hahnbach sehr unterstützt, bis heute übrigens. Ich freute mich auch sehr, dass die Bevölkerung der Gemeinde Hahnbach mich in den Gemeinderat, in den Kreistag und in den Bezirkstag gewählt hat.

So konnte ich mitwirken beim Schulhausbau, bei den Kindergartenbauten in Süß und Poppenricht, bei der Vilsregulierung, beim Ausbau der B 14 in und um Hahnbach, um nur einige Beispiele zu nennen. Jene damaligen Beschlüsse haben ja letztendlich ein gute Grundlage geschaffen, dass Hahnbach weiter in eine gute Zukunft planen und schauen kann.

Ich bin stolz darauf, dass Hahnbach ein aufstrebender Ort ist und auch die Bewohner der Marktgemeinde sollten zu Recht auch stolz auf ihre Leistungen sein. Die Marktgemeinde kann sich wirklich sehen lassen.

Noch immer liebe ich es, Menschen zu treffen, mit ihnen zu plaudern und zu diskutieren. Ich freue mich auch regelrecht, wenn jemand mich nur fragt: „Du, wie geht es dir denn?“

Politisch ist derzeit meine größte Sorge, wie es wohl mit Russland und der westlichen Welt weiter geht. Ich wohne ja nicht allzu weit vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr entfernt und spüre regelrecht und fast körperlich die Schießübungen und die dortigen hektischen Truppenbewegungen.

Ja, auf allen politischen Ebenen, auch und gerade auf Land- und Weltebene, gilt es weiterhin, viel mitzureden, anzuregen und auf keinem Fall zu resignieren. Pack ma's! sollte weiter die Devise bleiben.“

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