„Die Sozialeinrichtungen der Emailfabrik der Gebrüder Baumann in Amberg um 1910“ - Vortrag von Hannelore Zapf im Stadtmuseum

Die Baumanns, Julia Riß und die Referentin Hannelore Zapf (2. v. li.)

Für den Vortrag von Hannelore Zapf im Stadtmuseum über „Die Sozialeinrichtungen der Emailfabrik der Gebrüder Baumann in Amberg um 1910“ interessierten sich zahlreiche Zuhörer.

Julia Riß begrüßte die Referentin, die in typischer baumannschen Arbeiterinnenkleidung über zwei Stunden lang ihre aufwändigen Recherchen vortrug. Explizit dankte diese auch Dr. Georg Baumann für dessen stete Unterstützung.

Zapf erinnerte daran, dass bei der industriellen Revolution um 1900 sowohl Werksbesitzer als auch Arbeiter aus dem Handwerkerstand kamen. Doch als die evangelische Spenglerfamilie Baumann aus Wunsiedel nach Amberg umzog, war das katholische Amberg zuerst gar nicht recht erbaut.

Aber die Firma „Johann Baumann‘s Witwe“ mit den Söhnen Christian, Georg, Johann und Peter sollte schon bald – nach der Gewehrfabrik – der zweitgrößte Arbeitgeber der Stadt werden.

Von 1818 bis 1906 fand eine regelrechte Bevölkerungsexplosion statt und Arbeiter wurden von allen Firmen dringend gesucht. Um diese an die Firma zu binden, bedurfte es deshalb mancher Sozialeinrichtungen, was Baumann erkannte und in verschiedenen Wohlfahrsteinrichtungen für seine Belegschaft auch umsetzte.

So gab es eine Pensions-, eine Krankenkasse, die auch eheliche Kinder mitversicherte, eine Unfall- und Invalidenkasse, freie Medikamente inklusiv Gesundheitswein, eine Witwen- und Waisenkasse, ab 15 Jahren Betriebszugehörigkeit auch eine Pensionskasse und diverse Zuschüsse.

Nicht nur in der Jahn- und der Von-der-Sitt-Straße, sondern übers ganze Stadtgebiet verteilt, baute, kaufte und vermietete der Großbetrieb schließlich 312 Wohnungen, zu denen teils auch Schrebergärten gehörten.

Doch auch Krankenkontrolleure und ein Leistungsausschluss bei Selbstverschulden, zum Beispiel durch eine Rauferei oder Alkoholmissbrauch, gehörten zur „Lex Baumann“.

Ebenso zählten Restaurationen wie die Münchener Bierhalle, das Arbeiter-Speisehaus in der Jahnstraße und das Gasthaus „Zum Lindenbrünnerl“, ein Arbeiterbad auf dem Firmengelände, ein Konsumverein, eine Fabrik-Bibliothek, Weihnachts- und Jubiläumszuwendungen zu den sozialen Einrichtungen, welche einen Wettbewerbsvorteil bei dem damals herrschenden Arbeitskräftemangel darstellten.

So wuchs die erste Emailfabrik von 1877 bis 1887 zu einem weltweit agierenden Unternehmen, das 1904 über 2000 Beschäftigte hatte. 70 Prozent der Produktion ging ins Ausland, doch als der erste Weltkrieg ausbrach, erlöschte dieses Geschäft. Mit und nach dem zweiten Weltkrieg kam es zum Niedergang und 1986 mit nur mehr 113 Beschäftigten zum Konkurs. Schon 1987 wurde abgerissen und das große Areal neu bebaut.

Was ist geblieben? fragte Hannelore Zapf. Dies sei auf jeden Fall der Aufschwung der evangelischen Gemeinde gewesen, deren Paulanerkirche von Baumann renoviert wurde.

Bleibend positiv seien besonders auch die ab dem 4. November 1888 von Baumann angeforderten und unterstützen Diakonissinnen, welche eine Station zur Gemeindediakonie und eine Kinderbewahranstalt mit teils über 70 Kindern leiteten, woraus später das Amberger Waisenhaus wurde.

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