Ein Hahnbacher: Maximilian Prechtl, letzter Abt des Klosters Michelfeld

Portrait Maximilian Prechtl

Als erstes Kind des Fleischers Martin Prechtl und seiner Ehefrau Margarethe, einer geborenen Trösch aus Irlbach, wurde am 20. August 1757 Georg Martin geboren. Mit zwei Geschwistern wuchs er in Hahnbach in der Hauptstraße, im derzeitigen Heldmann-Anwesen, der Hausnummer 65 auf.

Den ersten Unterricht erhielt er in der damals „nicht gerade musterhaft bestellten Lokalschule“ (Johann Baptist Weigl: Maximilian Prechtl, Sulzbach, Seidel, 1833, S.1). Danach bereitete ihn der Ortspfarrer Georg Jakob Schriml auf sein Studium im Jesuitenkolleg, dem jetzigen Maltesergebäude, in Amberg vor.

Seine Noten dort waren zwar in den ersten Jahren – aufgrund der mangelnden Vorbereitung – nur mittelmäßig ausgefallen, doch steigerte er seine Leistungen konstant und gehörte schon bald zu den Klassenbesten.

Zu Prechtls Jugendfreunden zählte unter anderen auch der spätere Bischof Michael Wittmann (ein Gedenkstein an einem Haus vor dem Portal der Frauenkirche, erinnert an dessen Zeit in Amberg). “Mit ihm war die Freundschaft die innigste und vertrauteste, die sich lebenslänglich erhielt und zur größten gegenseitigen Hochachtung wurde“ wusste ebenfalls sein erster Biograph Johann Baptist Weigl (S. 6/7).

Eigentlich wollte Prechtl in den Jesuitenorden eintreten, aber dieser wurde 1773 aufgehoben, was Prechtl sehr bedauerte.

Daraufhin entschied er sich für das Benediktinerkloster Michelfeld, wo er sich 1775 als 18-jähriger bewarb. Es folgte das Noviziat im Kloster Scheyern und am 25. November 1776 bereits das feierliche Ordensgelübde, bei dem er den Namen Maximilian erhielt. 1781 wurde er in Bamberg zum Priester geweiht.

Eine weitere Ausbildung in Salzburg, am damals „geistigen Zentrum Süddeutschlands“, in Theologie, geistlichen und weltlichen Rechten, in Italienisch und Französisch schloss sich an.

Seine erste Kaplanstelle hatte er von 1782 bis 1785 im adeligen Benediktinerinnenkloster auf dem Salzburger Nonnberg. Danach kam er nach Michelfeld zurück „bereichert an Kenntnissen, veredelt an Geist und äußerer Sitte“ (Weigl, S. 15).
In Michelfeld ordnete er das Archiv und die Urkunden des Klosters und trug dank eines wieder gefundenen Originaldokuments maßgeblich dazu bei, dass das Kloster einen Prozess mit dem Kurfürsten Karl Theodor, dem Herzog von Sulzbach, bezüglich einiger Rechte und Besitzungen gewann.

Festpredigten, Pfarraufgaben in Gunzendorf und theologische Vorlesungen in Kirchenrecht, Dogmatik und Moraltheologie für die jüngeren Fratres und Patres waren ebenso seine Aufgaben. Nebenbei verfasste er eine Geschichte des Klosters und arbeitete als Bibliothekar.

1794 hatte er als Professor für Dogmatik und Kirchengeschichte am Lyzeum in Amberg und war gleichzeitig Pfarrer der Malteserkommende in Amberg. Im November 1798 wurde er zum Rektor des Amberger Gymnasiums ernannt.

Als am 18. August 1796 französische Truppen Amberg besetzten und sechs Tage lang plünderten, wirkte Prechtl aufopferungsbereit im örtlichen Militärlazarett. Ab 1798 war Prechtl Rektor des Gymnasiums. Rufen ans Lyzeum nach München und an die Universität Ingolstadt hatte er abgelehnt.

Als am 16. Februar 1799 der Kurfürst Karl Theodor starb, wies ihn die Regierung an, die Trauerrede zu halten. Prechtl tat dies nur widerwillig. Zwar rühmte er die Tugenden des Fürsten, doch deutete er auch dessen Schwächen an. Die Konsequenz: Prechtl wurde zum Lehrer der II. Rhetorik am Gymnasium degradiert.

Seine Lage änderte sich, als er am 14. Januar 1800 einstimmig von seinen Mitbrüdern als Nachfolger von Abt Ägidius Bartscherer in Michelfeld gewählt wurde. Beliebt war dort auch, da er der Erste beim Chorgebet war und mit den Mitbrüdern gemeinsam speiste (was damals unüblich war).

Als Vorgesetzter zeichnete er sich dadurch aus, dass er nicht alles selbst sehen, verwalten, selbst tun, oder wenn es gelungen war, getan haben wollte. Er verstand es, fleißige, zuverlässige und einsichtsvolle Männer an die richtige Stelle zu setzen und begnügte sich, diesen die Grundsätze und Normen ihrer Verwaltung zu zeigen.“ (August Lindner: Die Schriftsteller und die um Wissenschaft und Kunst verdienten Mitglieder des Benediktiner Ordens im heutigen Königreich Bayern, Schrobenhausen, Hueber 1880, S. 271).

Eines seiner großen Anliegen war die Bildung, nicht nur der Ordenskandidaten, sondern auch begabter Jugendlicher, der späteren geistigen Elite des bäuerlichen Landes.

Die Erweiterung der Bibliothek und ein Neubau einer Volksschule in Michelfeld waren ihm ein „am Vorabend der Säkularisation“ sehr erschwerter Wunsch. Hetze gegen das Kloster kam schon bald nach dem Regierungsantritt Maximilians IV. von Zweibrücken-Birkenfeld, gesteuert von dessen „rechter Hand“, dem Illuminaten Max Joseph Freiherr, später Graf Montgelas.

Einige Pamphlete verbreiteten zum Beispiel die Meinung, dass die Abteien nur aus bloßer Gnade nach den Reformationszeiten restituiert worden seien und daher eine prekäre Existenz hätten. Prechtl bewies allerdings in einer Streitschrift, dass es sich dabei um Lügen handelte. Er reiste zudem in Begleitung weiterer Äbte nach München zum Landesfürsten, um dort um Gnade zu bitten.

Vor der Rückreise aus München übergaben die Bittsteller der Landschaftsversammlung eine letzte Erklärung. Daraus nur einige Sätze: „In der Voraussetzung, dass Kaiser und Reich den letzten Beschluss der Reichsdeputation vom 25. Februar ratifizieren werden, und auf den Fall, dass von Seite des Landesfürsten für den Prälatenstand keine Gnade mehr eintreten könne, - betrachten wir die heutige Funktion als die letzte unseres Berufes, welcher wir nichts weiter, als nur noch unsere feierliche Abschiednehmung von der hohen landschaftlichen Versammlung beizufügen wissen. Der Prälatenstand, seit Jahrhunderten treu seinem Fürsten, ergeben seinem Vaterlande, keine Dienste jemals scheuend, kein Opfer jemals verweigernd, keines Verbrechens jemals beschuldigt – steht im Begriffe, seine Landstandschaft und mit ihr seine bürgerlichen Rechte, sein Eigentum, die Früchte und den Genuss seiner Anstrengungen, die Ruhe und Zufriedenheit der von ihm gewählten Lebensweise – kurz Alles, was ihm werth und heilig war, auf einmal zu verlieren.

Wir haben viele mühselige Zeiten erlebt, und stets ausgeharrt in der tröstlichen Hoffnung, es werde doch einst ein Tag kommen, dessen erquickendes Licht uns für alle unsere Leiden schadlos halten würde. Aber dieser Tag ist nicht gekommen, im Gegenteil erblicken wir die herannahende ewige Nacht, in welcher unsere Existenz begraben werden soll. Wir treten ab, und nehmen nichts mit uns, als das Bewusstseins, unsere Pflicht nach allen Kräften erfüllt zu haben…“ Doch auch er konnte die Verstaatlichung und Enteignung kirchlichen Besitzes nicht aufhalten.

Der erste Konsul Napoleon Bonaparte hatte beim Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801, welchen der Kaiser mit Frankreich geschlossen hatte, jene großen Entscheidungen diktiert und der so genannte Reichdeputations-Hauptschluss war nur dessen Konsequenz.

1802 inventarisierten Abgesandte der Regierung das Kloster, versiegelten unter manchen Demütigungen seiner Insassen alle Wertgegenstände und das Archiv. Am 13.März 1803 erklärte der Landesdirektionsrat von Franck mit seinem Aktuar Ruetsch in Michelfeld die Aufhebung des Klosters.

Der Staat nahm die Kirche, das Kloster, die 900 Tagwerk Wald, das Barvermögen und die herrschaftlichen Rechte an sich. Der Prälatenbau wurde die Wohnungen des Pfarrers und Försters, in den Konventflügel die Schulen und Lehrerwohnungen und in das herrliche mit den kostbarsten Stuckaturen geschmückte Refektorium, also dem Speisesaal der Mönche, Kuh- und Schweinestallungen eingebaut.

Die Glocken und selbst die prächtigen Chorstühle wurden verkauft, Kirchenornamente, Monstranzen und Kelche versteigert, wertvolle Türbeschläge und Schnitzereien von den im Kloster beschäftigten Arbeitern als herrenloses Gut mitgenommen. Die Parkettböden – zum Teil mit Mosaikarbeiten – kamen in das Schloss Neidstein.

Heute ist die Regens-Wagner-Stiftung Eigentümerin des ehemaligen Klostergebäudes in Michelfeld.

Wie Prechtl damals wohl zumute gewesen war, mag das von ihm nach der Säkularisation gewählte Siegel verraten. Dieses stellt eine aus den Wolken gestreckte Hand dar, welche eine sehr aus dem Gleichgewicht geratene Waage hält und auf die Worte der Schrift hinweist: Mane, Thecel, Phares, und die danielsche Auslegung: Appensus es in statera, et inventus es minus habens. (Du bist gewogen worden auf der Waage und man befand dich für zu leicht.)

Eine Prophezeiung, welche angeblich während des babylonischen Exils Israels in hebräischer Flammenschrift während eines Gelages mit erbeuteten Kultkelchen aus dem Salomonischen Tempel, an der Wand erschienen sein soll. Sie galt dem babylonischen Herrscher Nebukadnezar II, auch als Belsazar bekannt, und soll nach der Deutung durch den Propheten Daniel aussagen, dass die gute Taten des Königs im Jenseits zu wenig wiegen würden.

Lessing lässt sein Gedicht darüber zudem noch mit den Worten enden: „Belsazar ward in jener Nacht von seinen Knechten umgebracht“. Prechtl wollte damit wohl auf seine ungerechte Behandlung während der Säkularisation durch die Verantwortlichen auf das Endgericht mit dem Abwägen der guten und schlechten Taten im Jenseits hinweisen.

Der zerstörerischen Arbeit der Staatshelfer im Kloster legte Prechtl nichts in den Weg, beruhigte sogar seine Mitbrüder, da unüberlegte Reaktionen sicher nur negative Auswirkungen gehabt hätten.

Danach zog Prechtl nach Vilseck, nachdem er in Hahnbach kein geeignetes Haus gefunden hatte. Er kaufte sich dort den sogenannten Pfleghof, das ehemalige fürstbischöfliche Oberamtshaus, wo er acht Jahre lebte. Als dann Napoleon mit seiner Armee nach Russland zog, war die Straße von Amberg über Hahnbach und Schlicht nach Bayreuth zur Militärstraße geworden und in Vilseck waren ständige Standquartiere errichtet worden. Die Einquartierungslasten überstiegen schließlich Prechtls Vermögen und er musste sein Haus in Vilseck verkaufen.

1812 bezog er in Amberg den obersten Stock des so genannten Grafensteinschen Hauses, welches auch eine Kapelle in sich barg (heute Georgenstraße 22, Ecke Löwenswirtsgäßchen). Seine Base Fräulein Barbara von Heeg, welche die mittlere Etage bewohnte, führte dem nun 55-jährigen den Haushalt.

In Vilseck und in Amberg schrieb er zahlreiche Bücher und Aufsätze, die primär irenisch, heute würde man sagen von einem ökumenischen Geist, geprägt waren. Wiederholt widerlegte er Hetzschriften gegen eine Reunion der Konfessionen und hoffte stets auf eine baldige Wiedervereinigung.

Seine Gegner aber waren zahlreich und verstrickten den ehemaligen Abt bis zu seinem 67. Lebensjahr in literarische Streitigkeiten. Diese Kontroversen, welcher seiner friedliebenden Gesinnung völlig zuwider liefen, zerrütteten schließlich seine geistigen und körperlichen Kräfte.

Mehrere Stellenangebote als Weihbischof, Domprobst oder als Präses in Metten musste er abschlägig beantworten, da sich sein Gesundheitszustand seit 1817 zusehends verschlechterte.

Immer blieb Prechtl mit Hahnbach verbunden. Am 25. Juli 1818 weihte er die beiden neuen Glocken der Pfarrei, vermachte dem Ort 1.000 Gulden zum Bau eines neuen Schulhauses. Hahnbacher Verwandte unterstütze er großherzig, als diese durch den unglücklichen Brand Hahnbachs am 28. und 29. August 1819 all ihre Habe verloren hatten.

Prechtl starb am 12. Juni 1832 mit fast 75 Jahren an Entkräftung, versehen mit den Sterbesakramenten. Zwei Tage nach seinem Tod wurde er im Katharinenfriedhof in Amberg beigesetzt. Der feierliche Trauergottesdienst fand in St. Martin unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt.

In seinem Testament hatte Prechtl die Armen von Amberg, Hahnbach und Michelfeld bedacht. Seine Bibliothek erhielt das Priesterseminar in Regensburg. In der Frohnbergkirche hängen vier große Ölbilder ebenso die Bilder der Kirchenväter aus seinem Nachlass.

Amberg ehrte ihn mit einer Prechtl-Straße, welche sich an den Platz der Dreifaltigkeitskirche anschließt und in die Silbergrubstraße mündet. In Michelfeld findet sich eine Abt-Prechtl-Straße, in Hahnbach eine Maximilian-Prechtl-Straße. Diese führt dort vom Feuerwehrhaus zur Grund- und Mittelschule, welche ebenso den Namen dieses großen Sohns des Marktes seit ihrer Einweihung am 8. November 1953 trägt.

Sein Grabstein an der südöstlichen Außenseite der St. Katharinenkirche wurde 2019 im Zug der Kirchenrenovierung sorgfältig restauriert und erstrahlt in neuem Glanz.

S. a.: Marianne Moosburger: Zulassungsarbeit zur wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt an Gymnasien, Universität Regensburg, Fachbereich Katholische Theologie, Referent: Prof. Dr. theol. Dr. phil. Joseph Staber, Regensburg 1979.

Der Epitaph Maximilian Prechtls an der Katharinenkirche in Amberg

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