Manche Klagen hört man dieser Tage über die derzeit schlimme Zeit. Doch der Blick in eine Amberger Zeitung vom Jahr 1922 zeigte auch damals schon mehr als berechtigte „Kalamitäten“

Dr. Josef Weiß-Cemus fand folgende Texte im Archiv

Amberger Volkszeitung, 16. September 1922, Vom Lande, schlechter Schulbesuch

Schon steht der Beginn des neuen Schuljahres vor der Tür und wie gewohnt wird man sich wieder über dieses und jenes beklagen und man konnte lesen: “Vom Lande, 14. Sept. Die Schulen haben allenthalben wieder mit ihrem Unterricht begonnen, der Schulbesuch ist aber ein äußerst schlechter.

Mögen doch die Eltern einmal einsehen, daß es für das Lehrpersonal sehr unangenehm ist, vor leeren Bänken stehen zu müssen, und daß das Versäumte nicht so leicht wieder eingeholt werden kann. Eigentümlich an der Sache ist, daß es alljährlich die gleichen Familien sind, die es in dieser Beziehung weit fehlen lassen.“

Weiter findet man

Amberger Volkszeitung, 28. Oktober 1922, Verrohung und Verwilderung ...

„Amberg, 28.10. Die Verrohung und Verwilderung eines großen Teiles der Bevölkerung, die Verlotterung, namentlich unserer Jugend, die Disziplinlosigkeit und Widersetzlichkeit gegen die Obrigkeit, zum großen Teile hervorgerufen durch eine ungezügelt Vergnügungssucht, bilden in wachsendem Maße eine ernste Gefahr für unser Volksganzes.

Täglich hört man in den Gerichtssälen die Staatsbehörde predigen, daß das nicht so weiter gehen könne. Die Gerichte gehen daher immer mehr dazu über, ganz energische Strafen über die Schuldigen zu verhängen, um so der Polizei und allen übrigen Autoritätsinstanzen die wünschenswerte Unterstützung angedeihen zu lassen. Es ist ein Jammer, wenn man sieht, wie Knaben im Alter von 14 und 16 Jahren wegen Sittlichkeitsverbrechens an kleinen Mädchen vor dem Strafrichter stehen.

Die Eigentumsvergehen namentlich in Fabriken und auf den Eisenbahnen, die zahlreichen Einbruchsdiebstähle haben ebenfalls stark zugenommen.

Die Widerstandsleistungen gegen die Polizeiorgane, die zumeist infolge übermäßigen Alkoholgenusses von jungen Burschen begangen werden, beschäftigen täglich in zahlreichen Fällen die Strafgerichte. Diese verhängen in solchen Fällen jetzt nur noch direkte Gefängnisstrafen.

Dazu die vielen Ehescheidungen von kaum ein paar Monaten verheirateten jungen Leuten(!), der Wucher mit lebensnotwendigen Gegenständen vervollständigen das traurige Sittenbild unserer Tage. Ehrlichkeit, Treue, Pflichtgefühl und Anstand sind in diesen Zeiten leider immer mehr in eine Aschenbrödelstellung gedrängt worden.“

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