Der Friedhof - Erläuterungen
Friedhof - Erläuterungen
Erläuterung zum Wort selber: Das Althochdeutsche „friten“ bedeutet „hegen, umhegen, einfrieden und umfrieden“. Was zuerst „Freithof“ hieß wurde bald zum Friedhof als „umfriedete Begräbnisstätte“.
Die Herkunft des christlichen Friedhofs
Unsere Bestattungssitten haben sich aus
a) biblisch-israelitischen,
b) antiken griechischen und
c) römischen Traditionen entwickelt.
zu a) Die Israeliten hatten entweder Familien- oder Einzelgräber in Felsengärten, in der Nähe ihrer Häuser oder in gemeinsamen Begräbnisplätzen. Für Fremde gab es den Blutacker. Eine Leichenverbrennung galt als Schande.
zu b) Bei den Griechen gab es zur Zeit der Klassik mit Mauern eingefasste Familiengräber als Erinnerungsstätten.
zu c) Die Römer kannten sowohl Erd- als auch Brandbestattung:
- Urnenbeisetzungen für das einfache Volk,
- für den Mittelstand in Erde und Columbarien, das sind Grabkammern in Reihen, und
- die Vornehmen leisteten sich Körper- und Sarkophagbeisetzungen in Feld- und Erdkammern und Grabbauten.
Die ersten Christen folgten dem Alten Testament: nur eine Körperbestattung und keine Brandbestattung war erlaubt.
Von den Griechen übernahmen sie die umfriedeten Familiengräber und
von den Römern den Brauch einer Bestattung in unterirdischen Orten, den so genannten Katakomben.
Der mittelalterliche Friedhof
Da der Mensch im Mittelalter sich von der Nähe der Heiligen besondere Kraft und Seelenheil versprach und ihre Gemeinde von diesen Fürbitte für ihre Toten erhoffte, nahm die Bestattung in den - und um die Kirchen zu, zunächst im Vorhof, dem „Paradies“, dann im gesamten Kirchhof.
Bis zu einer Entfernung von dreißig Schritten galt das Areal um eine Kirche als geweiht.
Die Begräbnisstätten wanderten also von draußen vor der Ortschaft, den Katakomben, in die Zentren der Ortschaften.
Es entstand der Gemeindefriedhof, der Herrgottsacker, zuerst um die Pfarrkirchen, dann auch um Klöster und Kirchen der Hospitäler, der damaligen Kranken- und Siechenhäuser.
In der Kirche selber durften anfangs nur vornehme und angesehene Gemeindemitglieder bestattet werden. Später dann alle Gläubigen, soweit möglich. Doch schon bald – wohl aus Platzmangel - wieder nur Geistliche, Vornehme und Adelige.
Als diese Friedhöfe zu klein wurden, wanderten sie wieder vor die Ortschaften und man baute dort kleine geweihte Kirchen oder Kapellen, sofern diese nicht schon vorher vorhanden waren.
Wegen dieser galt der Friedhof als geweihter Bereich und aus der Überzeugung, dass die Ruhestätte der Toten eine Schutzzone ist, entwickelte sich das Asylrecht auf den Friedhöfen.
Um Verfolgten die Zuflucht zu erleichtern, war damals kein Tor am Friedhof angebracht, nur Stufen, so genannte „Beinbrecher“ oder ein „Seelengitter“, das ist ein Gitterrost, der über eine am Eingang ausgehöhlte Grube gelegt war, zur Abwehr von Vieh, Wild und Kleintieren.
Anders- oder offensichtlich Nichtgläubige (wie sogenannte Freidenker oder Freimaurer), Selbstmörder, Ehebrecher, Räuber, Spieler, unbußfertig Gestorbene und auch ungetaufte Kinder waren von der christlichen Bestattung ausgeschlossen.
Man beerdigte diese meist außerhalb, doch in der Nähe der Friedhofsmauer.
Ungetaufte Kinder wurden auch oft unter der Traufe der Friedhofskirche beerdigt, da angenommen wurde, dass das in der Kirche geweihte Wasser auch das Regenwasser einschloss und so die Kinder nachträglich getauft wurden.
Der protestantische Friedhof gilt nicht als geweihter Ort, sondern laut Dr. Martin Luther nur als „fast heilige Stätte“.
Es besteht hier der Grundsatz, dass nicht der Ort den Toten, sondern der Tote den Ort heilig macht.
Der moderne Friedhof ist seit Beginn des 19.Jahrhunderts, der Säkularisation, für alle da. Er wird zunehmend von der politischen Gemeinde als Garant der öffentlichen Ordnung und aus Sorge für die Wohlfahrt des Ganzen betrieben.
So wurde der Friedhof auch zur sanitären Einrichtung und gesundheitspolizeiliche Maßnahmen wie das Errichten von Leichenhäusern folgten. Man wollte damit das Aufbewahren der Toten in den Wohnhäusern vermeiden und auch das Bestatten von Scheintoten.
Der gesetzliche Friedhofszwang entstand, zuerst für Erdbestattungen und dann auch für Urnen.
Neue Berufsgruppen bildeten sich. Für Bestatter, Steinmetze, Friedhofsgärtner und manche Zulieferungsindustrie wurde der Friedhof zum nicht unwesentlichen Wirtschaftsfaktor.
1878 entstand in Gotha das erste Krematorium und derzeit nehmen Urnenbestattungen ja zu.
Mittlerweile weiten sich auch die Möglichkeiten: von Parkfriedhöfen zu Friedwäldern, Seebestattungen oder gar das Umwandeln eines Teils der Urnenasche in einen Edelstein.
Was bleibt ist die Ausrichtung nach Jerusalem oder nach Osten, in Richtung der aufgehenden Sonne und damit Symbol unserer Hoffnung, das für die Auferstehung steht.
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