Das Bier und die Oberpfalz

Im Mittelalter tranken die Bayern vornehmlich Wein

Den Weinanbau begünstigte ein milderes Klima mit ungewöhnlich warmen Sommern und milden Wintern, besonders zur Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert.

Kälteres Klima führte dann zum Ausbau der Brauwirtschaft, die aber schon immer bekannt war und aus dem römischen „Situla“ wurde bald das „Seidl“, allerdings wohl mit weniger Inhalt. (Der Eisengau Nr. 55/2021, S.9 ff) und aus der römischen Taverna wurde die Tafernwirtschaft.

Auch das allgemeine Braurecht führte vor allem im 16. Jahrhundert dazu, dass Bier zum Volksgetränk wurde. Auch galt und gilt Bier ja, da es aus den gleichen Zutaten wie Brot hergestellt wurde, als „flüssiges Brot“.

Wer kennt nicht Grimms Märchen mit: „Heute back ich, morgen brau‘ ich und (über)morgen hol ich der Königin ihr Kind. Gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß!“. Tatsächlich waren es zu Beginn die Hausfrauen und die Bäcker, welche brauten und deren Braurecht immer wieder über die Jahrhunderte hinweg bestätigt wurde.

Bier war Volksgetränk und meist wirklich gesünder als Wasser aus den Brunnen neben den Misthaufen oder gar den Fließgewässern, die ja auch als Kanalisation dienten. Selbst als Knecht hatte man Anspruch auf eine Maß Bier als Schlaftrunk und gerade den Wöchnerinnen stand „gutes braunes Bier“ zu.

Erst mit Beginn der Neuzeit galt das Reinheitsgebot

Die Bierwürze des Mittelalters, die sogenannte Grut, bestand unter anderem aus Ingwer, Anis, Myrte, Wacholder und Kümmel. Selbst bei Verwendung von Hopfen waren weitere Zusätze die Regel. Dazu gehörten Samen des Bilsenkrauts, Nusslaub, Buchenasche, weißes Pech, Anis, wälisch Korn, Petersilie und andere harntreibende Mittel. Auch Wermut, Gagel, Seidelbast, Bilsenkraut und Tollkirsche mit ihren halluzinierenden Wirkungen wurden bewusst beigefügt.

Noch 1889 werden von Alkohol bis Zuckercouleur immerhin 57 unerlaubte Zutaten aufgezählt, darunter zum Beispiel auch Haselnussspäne, Lakritzensaft und Strychnin. (Amberger Tagblatt, 26.6.1889; Der Eisengau, ebd. S. 59)

Die älteste Fassung des Reinheitsgebots stammt aus dem Jahr 1487. Herzog Albrecht IV. verlangte von den Münchner Bierbrauern die eidliche Zusicherung, dass sie zum Biersieden nur Hopfen, Malz und Wasser verwenden. Das Reinheitsgebot, der definitive Beschluss von Ingolstadt im Jahr 1516 ging auch in die oberpfälzischen Landesordnungen ein, die ab 1521 ausgearbeitet wurden. (Der Eisengau, ebenda, S. 14 ff)

Im 15. Jahrhundert braute man ein relativ starkes braunes Sommer- oder Lagerbier, das stärker gehopft, arm an Kohlensäure war und eine herbe Geschmacksnote hatte. Dazu gab es ein braunes Winter- oder Schenkbier und ein so genanntes Gebbier oder Ko(n)vent (ursprünglich für den Konvent, die Versammlung der Mönche), ein leichteres Nachbier, das man durch einen zweiten Aufguss gewann.

Ab 1479 wollte man Bier „nach Londoner Art“ brauen. Dazu holten sich zum Beispiel die Amberger eigens einen Braumeister aus Hahnbach, der sich auf das „gut lyndisch Bier“, das Londoner Bier, verstand. Dazu verwendete man Malz, das rauchlos gedörrt worden war. Auch bestimmte man, dass das raucharme „Bierbaumholz“, also Birnbaum- und Buchenholz, nur noch den Mulzern verkauft werden dürfe. (Eisengau, ebd., S. 25 ff)

Das Umgeld, die sogenannte Biersteuer, galt lange Zeit nur für professionelle Brauer, nicht aber für das Brauen im eigenen Haus zur Selbstversorgung

Da waren 20 Hektoliter abgabefrei.

Auch Klöster und geistliche Personen waren bis zum 7. Januar 1750 von dieser Steuer befreit, solange sie ihr Bier selber tranken.

Als aber der Verkauf zunahm, waren pro Tag nur noch drei Maß braunes Bier für die installierten Pfarrer und Religiosen, für die Klosterdiener nur zwei Maß steuerfrei.

Den Adeligen und Rittermäßigen, welche „erfahrungsgemäß mit dem Haustrunk über die Schnur zu hauen gewohnt sind“, gesteht man im Jahr zwei Suden Bier zu 80 Eimer umgeld-, also steuerfrei zu. (Der Eisengau, ebd., S. 33)

Weiteres Bier durfte ab diesem Zeitpunkt dann zwar verkauft werden, wurde aber besteuert.

Erhebung der gebrauten Bier-Mengen

Eine Erhebung der gebrauten Mengen am 28.September 1871 ergab für Hahnbach 26 brauberechtigte Bürger. Doch nur 14 übten ihr Recht aus und produzierten immerhin 2.400 Eimer Bier im Jahr. Wobei das Maß des Eimers sehr unterschiedlich angesetzt war und von 64 bis zu 70 Litern schwanken konnte. (Der Eisengau, S. 25 und S. 39)

Bierkriege

Immer wieder kam es zu Bierkriegen, wie 1735 im benachbarten Vilseck. Die Regierung hatte den Adlholzern befohlen, ihr Bier im Regierungsbezirk von Amberg zu kaufen und nicht, wie bisher, im bambergischen Vilseck.

Die Adlholzer verhandelten daraufhin mit den nahen Schlichter Brauereien, die zu Amberg gehörten. Prompt drohten ihnen die Vilsecker öffentlich, dass sie, falls jene tatsächlich Schlichter Bier kaufen würden, sie alle nach Adlholz kämen, dort „einfallen“ und alles auffindbare Bier austrinken würden. Gibt es eine schlimmere Drohung? (AZ, mma, 6.9.2007)

Ursache der Deutschlandweiten Bierkriege im 19. Jahrhundert war der steigende Bierpreis, den die Brauer mit gestiegenen Abgaben begründeten. Schwere Unruhen gab es deshalb unter anderem auch in Frankfurt am Main. Dort sollte man ab dem 1.April statt vier Kreuzern, die einem Batzen entsprachen, 4 ½ Kreuzer bezahlen.

Nicht nur diese Preissteigerung brachte die Leute auf, sondern auch, dass es gar keine Münze dieses Wertes gab. Die Gäste mussten also 5 Kreuzer bezahlen und bekamen vom Wirt dann einen Gutschein über eine halben Kreuzer zurück, den sie aber nur beim gleichen Wirt wieder einlösen konnten.

Die Bierpreiserhöhung traf vor allem die schlecht bezahlte Arbeiterschaft. Am Ende des Frühjahrsvolksfestes rottete sich am 21.4.1873 schließlich eine rasch anwachsende Menschenmenge zusammen. Mit dem Schlachtruf „Mir habbe Dorscht!“ und “Mir wolle Batzebier!“ zogen sie mit einer roten Fahne in Richtung Innenstadt. Auf dem Weg dorthin plünderte der Zug Gaststätten und Geschäfte und zerschlug Mobiliar.

Die unterbesetzte und überforderte Polizei rief das Militär zu Hilfe. Gleich sechs Kompanien rückten an und schossen am Abend in der Altstadt wahllos in die Menschenmenge. Das Endergebnis: 20 Tote, darunter ein Kind und eine alte Frau und 47 Angeklagte, die Strafen bis zu 4 1/2 (so hoch wie der Bierpreis!) Jahren erhielten. (Hardenberg, Abenteuer Geschichte, Athesia Kalenderverlag, Unterhaching 2022, 21.4. 2023)

Unser „Märchenkönig“ Ludwig II. hatte mit seiner Bauwut auch zu märchenhafter Staatsverschuldung geführt, welche es nun mit Zinsen zu tilgen galt.

Und tatsächlich war der Malzaufschlag für das Bier nun zeitweise sogar die Haupteinnahmequelle des Königreichs.

Nach dem deutschen Biersteuergesetz von 1923 bestimmt der Gehalt der Stammwürze die Höhe der Abgaben für den Staat. Nach dem deutschen Chemiker Fritz Plato wird dieser in „Grad Plato“ gemessen. Sie bezeichnet den Anteil von Hopfen und Malz im Brausud, bevor die Gärung beginnt – ein „platonischer Wert“?

Zur Qualität des Bieres

Selbst Kaisern und Königen war die Qualität des Bieres ein echtes Anliegen. Als 1156 der Stauferkönig Friedrich I., genannt Barbarossa, Augsburg das Stadtrecht verlieh, wurde in der Urkunde festgelegt: „Wenn ein Bierschenker schlechtes Bier macht oder ungerechtes Maß gibt, soll er gestraft werden."

Was allerdings als „schlechtes Bier“ zu gelten hatte, war dabei – anders als heute – keine Frage des Geschmacks oder von persönlichen Vorlieben. „Schlecht“ meinte ein Lebensmittel, das aus minderwertigen Zutaten gebraut oder verdorben war.

Die mangelnde Qualität des Biers führte tatsächlich immer wieder zu „Calamitäten“, zu erheblichen Beschweren. Vor allem, als es ab 1820 wieder zu Preiserhöhungen des „stark verwässerten Biers“ kam, war die Geduld der Bevölkerung am Ende.

Ein Korrespondent meldete nach Paris: „Die Bayern sind ein derbes, aber gutmütiges Volk, sie ließen eher Holz auf sich spalten, als dass sie zu einem Aufstand zu bringen wären. Doch man nehme ihnen ihr Bier, und sie werden wilder revoltieren als ein anderes Volk.“ (Der Eisengau, ebd., S. 41)

Amberger Bierkrieg

Der aus Schalkenthan bei Hahnbach stammende Gymnasialprofessor Georg Hubmann beschrieb den Amberger Bierkrieg folgendermaßen: „Am 3. und 4. Juli 1859 kam es gelegentlich des Bergfestes zu schweren Ausschreitungen der Soldaten …

Am 3. vormittags hinderten sie einen Gendarmen auf dem Berg an der Ausübung seines Dienstes, nachmittags schlugen sie dort Lärm, weil sie für die Maß Bier nicht 6 ½, sondern nur sechs Kreuzer bezahlen wollten, manche weigerten sich überhaupt zu zahlen… Es kam zu schweren Kämpfen, wobei es viele Verletzte gab…. Am 4. Juli wiederholten sich diese Auftritte“ (von Soldaten und radaulustigen Zivilisten). (Der Eisengau, ebd. S. 44)

Maxhütten-Geschäftsführer verbietet Bier während der Arbeitszeit

Zahlreiche Hahnbacher Bürger arbeiteten in der Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg. 1960 bekam diese einen neuen Geschäftsführer. Prompt wurde am 2. März 1960 der Genuss von Bier während der Arbeitszeit strikt verboten.

Deshalb legte am 3. März die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten aus Protest ihre Arbeit nieder. Der Schlichtungsspruch, drei Tage später, begrenzte den Bierkonsum auf Flaschenvollbier, der über den Brotzeitholer zu beziehen war. Alkoholhaltige Getränke durften nicht mehr mitgebracht werden. Am 1.März 1961 wurde der Konsum auf 0,5 Liter pro Mann und Schicht limitiert. Dann folgte sogar ein Generalverbot.

Diesem antwortete ein Generalstreik am 3. März ab 12 Uhr im Walzwerk. Dem Streikaufruf folgten der Hochofenbetrieb, das Rohrwerk und der Bergbau, schließlich auch das Werk in Maxhütte-Haidhof. Doch dabei ist von einer „nachfaschingsmässigen Stimmung“ die Rede.

Ein erneutes Schlichtungsverfahren, Tarifvertragsparteien und das Arbeitsministerium waren inzwischen involviert, hatten zum Ergebnis, dass pro Schicht und Mann doch 0,5 Liter konsumiert werden dürfen. Da sich die Tee- und Limonadentrinker solidarisch erklärt hatten, kamen die meistern Biertrinker nun wieder auf ihre gewohnte Maß in der Brotzeitpause. (Der Eisengau, ebd. S. 48 f)

Kaspar Gottfried Schlör, ein Amberger „Vater des Grundgesetzes“, setzte sich 1948/9 vehement dafür ein, dass die Gesetzgebungskompetenz und der Zufluss der Biersteuer ausschließlich bei den Ländern liegen sollten.

Auf seinen Einwurf: „In Bayern sind tatsächlich einige Gebiete auf das Bier angewiesen, da sie kein Wasser haben“ erntete er im Landtag allerdings primär Heiterkeit. Auf den Zuruf „Aber sie waschen sich doch!“ antwortete Schlör: „Sie waschen sich teilweise nicht! Es sind Gebiete, die lediglich auf das Regenwasser angewiesen sind.“

Leider hatten er und ein weitere Vertreter im Finanzausschuss auch keinen Erfolg mit dem Antrag, das Bier in Bayern als „Volksnahrungsmittel“ zu deklarieren, da ansonsten angeblich „diese bayrische Schlüsselindustrie bei untragbaren Steuersätzen zum Erliegen“ käme. (AZ, Pfingsten 2021, S. 14)

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