Vilseck: Nach der Wallfahrt ist vor der Wallfahrt zur heiligsten Dreifaltigkeit nach Gößweinstein - Pestgelübde wieder erfüllt
Für 35-maliges Pilgern ehrt Wallfahrtsführerin Mona Tuchbreiter (links) Lothar Hasenstab und Sigrid Steffey. Stadtpfarrer Hrudaya Madanu erteilt dazu den Abschlusssegen in der Pfarrkirche
Schon von jeher war es den Menschen wichtig, ein Ziel zu haben, auf dem Weg zu sein, ihre Sehnsucht, Gott näher zu kommen. Dies ist wahrscheinlich der Grundgedanke einer Wallfahrt.
„Haoust schou dein‘ Rucksock herg’richt?“, fragen sich die Pilger der Pfarrei Vilseck untereinander. Bereits Wochen vor dem feststehenden Termin fiebert man in Vilseck der Fußwallfahrt nach Gößweinstein entgegen.
Alljährlich am Pfingstsamstag morgens um drei Uhr macht sich nämlich eine Pilgergruppe aus Vilseck auf den Weg zur heiligsten Dreifaltigkeit nach Gößweinstein. An diesem bekannten Gnadenort in der Fränkischen Schweiz beten die Wallfahrer in ihren Anliegen um Schutz und Segen und danken für empfangene Hilfe.
Der mühsame Weg, zu Fuß etwa 25 Kilometer, muss dabei zweimal bewältigt werden, am Samstag der Hinweg, am Sonntag der Rückweg. Auch wenn ein Teil der Strecke mit dem Bus zurückgelegt wird, erfordert die Wallfahrt doch Kraft und Ausdauer, und dies schon seit dem 17. Jahrhundert.
Damals herrschte die Pest im Lande. Es starben viele Menschen am sogenannten Schwarzen Tod. In Vilseck raffte die Seuche in den Jahren 1633 und 1634 gar 850 Personen hinweg. In der Pfarrei Vilseck verzeichnete man die Sterbefälle gar nicht mehr einzeln, sondern summarisch.
Es war eine unfassbar schreckliche Zeit, in der sich die Gläubigen in ihrer Not an die heiligste Dreifaltigkeit wandten. Sie gelobten, eine alljährliche Wallfahrt zu unternehmen.
Unter welch beschwerlichen Umständen und mit welcher Ausrüstung dies einst geschah, können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen. Und doch ist es gegangen, und es geht seit Generationen so weiter. Das Gelübde wird noch immer treu erfüllt.
In diesem Jahr wallten 95 Pilger der Pfarrei Vilseck nach Gößweinstein. Es gab zwar unterwegs einige Regenschauer, aber zum Glück keine besonderen Vorkommnisse.
Dennoch erinnert man sich an den Raststellen immer wieder daran, wie man 1984 mit dem Wasser zu kämpfen hatte. Damals musste auf dem Weg nach Horlach eine überschwemmte Senke barfuß durchquert werden. Der Bildträger nahm damals mit dem Dreifaltigkeits-Bild auch noch eine junge Dame huckepack und trug sie in Christopherus-Manier durch die „Fluten“.
Die Überflutung eines Teilstücks auf dem Weg nach Horlach wurde 1984 barfuß und ohne große Probleme überwunden
Vieles gäbe es noch zu berichten, denn jeder hat seine persönlichen Storys erlebt und mit schmerzenden Füßen seine eigenen Erfahrungen gemacht.
Aus alten Erinnerungen und Aufzeichnungen geht hervor, dass der Wallfahrtsweg bis ins Jahr 1950 durch den Truppenübungsplatz führte und daher doppelt so lang und beschwerlich war. Die verantwortlichen Wallfahrtsführer hießen, soweit man es zurückverfolgen kann, Georg Geier, Georg Ziegler, Peter Friedl, Hans Schertl, Hans Weiß und Peter Ziegler.
Auch die Streckenführung hat sich im Laufe der Jahre immer wieder geändert. Hier im Jahr 1959 machte die Wallfahrergruppe noch Rast in Pottenstein
Das alte Bild von 1959 zeigt die Vilsecker Wallfahrer mit ihrem früheren Pilgerführer Peter Friedl (links). Das Schuhwerk und die Kleidung von damals wären für die heutige Zeit undenkbar
Wallfahrt 70er Jahre
Im Gegensatz zu früher ist heute vieles anders. Die Wallfahrt muss in den drei Landkreisen, die man betritt, Amberg, Bayreuth und Forchheim, angemeldet und die Fußgruppe auf ihrem Weg vorschriftsmäßig abgesichert werden. Auch ein Begleitfahrzeug ist unentbehrlich.
Die streng katholische Prozessionsordnung (voran die Männer, danach die Frauen) wird nicht mehr eingehalten. Auch ohne Lautsprecher geht es nicht mehr. Selbst das Übernachten stellt ein Problem dar.
Während man früher meist für ein paar DM in einem Privatquartier unterkam, haben die Übernachtungs- und Verpflegungspreise in den Gasthäusern merklich angezogen. Nicht jeder kann sich das leisten, zumal wenn die ganze Familie dabei ist. Da fährt man lieber zum Schlafen nach Hause und reist dann am Sonntagmorgen mit dem Bus zum Rückmarsch wieder an.
Doch dies tut der Wallfahrtsbegeisterung keinen Abbruch. Die jetzige Pilgerführerin Mona Tuchbreiter freut sich über die schöne Gemeinschaft. „Mal sind es mehr Teilnehmer, mal weniger“, sagt sie. „Aber alle halten dabei immer wie eine große Familie zusammen.
Sie weiß, dass das gemeinsame Gehen, Beten und Singen zur Ehre Gottes seinen besonderen Reiz hat und deshalb auch künftig Bestand haben wird. Jedenfalls freuen sich die Vilsecker kurz nach ihrer Rückkehr schon wieder auf die nächste Wallfahrt und kündigen an: „Gell, nächst’s Joahr geh‘n ma wieder mit af Geßmastaa!“
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