Vilseck: 800 Jahre Schifffahrt auf der Vils - Heinrich Deinzer baut Modell eines Vilsschiffes

Heinrich Deinzer schuf mit seinem Modell eine ziemlich wahrheitsgetreue Nachbildung eines Vilsschiffes

Heinrich Deinzer aus Vilseck, einst Fregattenkapitän, ist einer von sehr wenigen Menschen, die hierzulande an Zusammenhängen mit Schiffen und deren Bauweise interessiert sind.

Wiederholt hat Heinrich Deinzer in der Zeitschrift „Oberpfälzer Heimat“ bereits Artikel darüber veröffentlicht und meint, dass auch die Leser der Amberger Zeitung an seinen Nachforschungen interessiert sein könnten, denn 800 Jahre lang gab es eine Handelsschifffahrt auf der Vils.

Ein Vortrag von Dr. Johannes Laschinger, dem ehemaligen Leiter des Stadtarchivs Amberg, inspirierte ihn schon vor Jahren, sich näher mit der Schifffahrt auf der Vils zu befassen. Im Archiv waren zwar viele Dokumente vorhanden, jedoch keine konkreten Baupläne und Skizzen über das Aussehen der Vilsschiffe.

Die Bücher von Otto Schmidt, dem ehemaligen Amberger Stadtheimatpfleger, und Peter Dümmler, einst Lehrer in Schlicht, sowie viele weitere Berichte gaben Heinrich Deinzer wertvolle Impulse. Schließlich reifte in ihm die Idee, selbst ein Schiffsmodell aus Pappe anzufertigen.

Allmählich verdichteten sich die Vorstellungen über Bau und Aussehen der Vilsschiffe und den damit verbundenen Gütertransport von Amberg nach Regensburg und zurück

„Mein Modell im Maßstab 1:50 zeigt ein Schiff, wie es etwa um 1500 ausgesehen haben könnte

Es soll einen Beitrag zur besseren Verdeutlichung der Schifffahrt und ihrer Epoche leisten und so die kommenden Generationen zum Nachdenken anregen“, ist Heinrich Deinzer wichtig.

Doch nun zur Historie. Die Schifffahrt auf der Vils begann etwa um das Jahr 1000 und wurde erst 1826 endgültig eingestellt. Da es damals kaum befestigte Straßen gab und die Wege in desolatem Zustand waren, mussten Flüsse für den Warenhandel herhalten.

Das war aber in der Oberpfalz nicht so einfach, denn die Vils war ziemlich schmal, nicht sehr tief, stark mäandernd und hatte von Amberg bis Regensburg ein Gefälle von etwa 33 Metern.

Zudem nutzten die damaligen Hammerherren die Wasserkraft der Vils zum Betreiben ihrer Eisenhämmer und bauten auf der gesamten Länge insgesamt 18 Fälle (Schleusen oder Staustufen) ein, die von den Schiffen zu überwinden waren.

Sonntags jedoch standen die Hammerwerke still, und die Fälle waren geöffnet. Deshalb startete man immer nur sonntags an der Amberger Schiffbrücke zur großen Tour nach Regensburg. Da aber Sonntagsarbeit im christlichen Abendland eine Sünde war, gewährte Papst Alexander VI. 1501 den Amberger Schiffsleuten einen Dispens für Sonntagsarbeit. Im Gegenzug mussten sie dafür einen Obolus an die Kirche entrichten, und somit blieben sie sündenfrei.

Beim Volk waren die Schiffsleute nicht sonderlich beliebt. Wenn man aber die Leistung dieser rauen Burschen bedenkt, die damals unter schwierigsten Bedingungen und unter großen Mühen und Gefahren die Schiffe bewegten, so muss man ihnen heute noch Respekt zollen.

Ein Zentrum des Schiffbaus war Kelheim, wozu Amberg enge Beziehungen unterhielt. Das Holz für die Schiffe wurde in den Wäldern geschlagen, grob bearbeitet und dann zum Schiffsbauplatz, dem Schopperplatz, gebracht. Dort hat man die Spinde für den Schiffsboden aneinandergereiht und durch Kipfe (Winkelstücke) verbunden. Für ein Schiff von 23 Metern Länge und drei Metern Breite benötigte man 68 Kipfe, die man aus den Stämmen und Wurzeln großer Fichten gewann.

Wenn man bedenkt, dass auf der Vils etwa fünf bis sechs Schiffe verkehrten und jedes nur etwa drei Jahre lang einsatzfähig war, kann man sich vorstellen, wie groß Holz- und Kräfteverbrauch bei der Herstellung waren.

Im gesamten Donauraum wurde Holz nie über Dampf oder Feuer gebogen, sondern stets mit Zwingen oder Flaschenzügen in Form gebracht. Um das Holz vor Beschädigungen zu schützen, verstärkte man die Unterseite des Schiffes mit Blechplatten und Eisenschienen.

Der Boden eines Schiffes war in der Vils einer hohen Belastung ausgesetzt. Deshalb war er mit Blechplatten und Eisenschienen verstärkt, wie Heinrich Deinzer zeigt

Schopper wurden jene Arbeiter genannt, die die Zwischenräume und Ritzen mit Moos ausstopften.

Während die mit Eisen beladenen Schiffe flußabwärts nur mit der Strömung trieben und gestakt wurden und nach 12 bis 15 Stunden an der Regensburger Eisenlände zum Ent- und Beladen anlegten, dauerte die Rückfahrt flußaufwärts mit der Salzfracht meist vier bis fünf Tage.

Die Schiffe wurden gegen die Strömung Jahrhunderte lang nur von Menschen gezogen. Ab 1481 setzte man überall Pferde ein. Vier große, kräftige Tiere wurden dazu, je zwei hintereinander, eingespannt. Geschleppt wurde an einem zirka drei Meter hohen Starzbaum.

Die Pferde mussten dazu eine etwas eigenartige, seitliche Gangart lernen. Dass sie dabei oftmals auch ins Wasser gerieten und Schäden an den Uferböschungen und Wegen verursachten, dürfte klar sein. Da war mancher Ärger bei den Bauern und Hammergutsbesitzern vorprogrammiert.

Wenn beim Passieren eines Falls die Pferdestärken nicht mehr ausreichten, kam ein sogenannter Krieg oder Krueg zum Einsatz, eine Art Holzwinde oder Flaschenzug. An den Etappenzielen Etterzhausen, Kallmünz und Ensdorf hat man die Gespanne getauscht.

Da auf zeitgenössischen Darstellungen Schiffe sowohl ohne als auch mit verschiedenen Aufbauten abgebildet sind, war es dem Hobbybastler wichtig, sein Modell auch mit diesen Varianten auszustatten. Zum Schutz gegen Unwetter aber auch zum Abdecken der Ladung könnten Hütten, Planen oder Falzbretter gedient haben.

Gesteuert wurde das Schiff mit einer etwa sieben Meter langen Steuerstange, an deren Ende ein Brett angenagelt war. Der Steuermann, Kehrer genannt, stand dabei auf einer erhöhten Plattform, wie das Modell zeigt. Andere Gerätschaften, wie Bootshaken, Stakstangen und Paddel wurden ebenfalls zum Manövrieren benutzt.

Heinrich Deinzer ist überzeugt, dass ihm mit seinem Modell eine ziemlich wahrheitsgetreue Nachbildung der einstigen Vilsschiffe gelungen ist. „Diese Schiffe bildeten jahrhundertelang die Grundlage für den Wohlstand der Stadt Amberg“, stellt er fest. In diesem Zusammenhang kennt man auch den Spruch: „Flußabwärts das Eisen, flußaufwärts das Salz; das ist der Handel der oberen Pfalz“.

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