Vilseck: Theaterspielen im Gesangverein

Die Aufführung der Operette „Die Winzerliesel“ von Georg Mielke bescherte dem Liederkranz Vilseck im Jahr 1955 großen Erfolg. Hier Josef Grau als Nepomuk Liebespinsel umringt vom Chor der Winzerinnen

Nach dem Burschenverein und dem Gesellenverein wenden wir uns in der Reihe „Theatertradition in Vilseck“ heute dem Gesangverein zu.

Der Liederkranz Vilseck, gegründet 1908, bestand aus einem reinen Männerchor. Während des zweiten Weltkriegs ruhte das Vereinsgeschehen.

Erst 1948 nahm man das Singen wieder auf. Bei den wöchentlichen Chorproben dachte man auch über das Theaterspielen nach. Und nicht nur das. Mit weiblicher Unterstützung aus dem Kirchenchor wagte sich der Gesangverein sogar an Singspiele und Operetten und bot somit der Bevölkerung einen besonderen kulturellen Genuss.

Bereits zwischen den beiden Weltkriegen hatte man schon das bayerische Singspiel „Der Holledauer Fiedel“ aufgeführt, wie mündlich überliefert ist.

Doch im Jahr 1949/1950 stieg man mit der Operette „Das Glücksmädel“ richtig ein. Die musikalische Leitung von Chor und Orchester hatte Georg Gnan. Als Spielleiter fungierte Franz Eschenwecker.

Anfangs waren aber einige Schwierigkeiten zu überwinden, mangelte es doch an Rollenbüchern. Dazu heißt es in der Vereinschronik: „Alles wurde versucht, und schließlich sandten uns unsere Brüder über die grüne Grenze aus Leipzig die nötigen Büchlein.“

Aufgrund des großen Erfolges musste das Glücksmädel ein viertes Mal im Schloss-Saal aufgeführt werden. „Nur dem Eingreifen der Vereinsleitung ist es zuzuschreiben, dass die Operette nicht 10 oder 20 Aufführungen erlebte. Die Bevölkerung hätte es in diesem Umfang ertragen,“ so der Chronist.

Für den Herbst 1950 war die Aufführung einer Lehar-Operette geplant, die aber wegen der Vorbereitungen zu einem anderen Großereignis nicht in die Tat umgesetzt werden konnte. Der Liederkranz hatte nämlich für 1952 die Zusage zur Ausrichtung des Kreissängerfestes bekommen und diese Herausforderung mit Bravour gemeistert. Zu diesem unvergesslichen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte weilten damals 2000 Sänger und 4000 Besucher in Vilseck.

So kam die Bevölkerung erst am 6. Januar 1955 wieder in den Genuss einer Liederkranz-Veranstaltung. „Die Winzerliesel“, eine Operette in drei Aufzügen, spielte in einem kleinen Städtchen am Rhein.

Zusammen mit den neun Hauptdarstellern waren auch der 20-köpfige Chor der Winzerinnen und Winzer, sowie ein 12-Mann-Orchester im Einsatz, alles unter der Gesamtleitung von Chorleiter Alfons Kneidl.

Die Bühnengestaltung und Regie lag in den Händen des 2. Vorstands Anton Hieret. Auf dem Plakat war neben den Eintrittspreisen (1. Platz 1,60 DM) auch vermerkt, dass der Saal gut geheizt sei und dass Schulpflichtige keinen Zutritt hätten.

Die Zeitung schrieb damals: „Das sprühend heitere und zuweilen tragische Operetten-Geschehen und das Können der Mitwirkenden löste stürmischen Beifall aus, so dass es nicht verwunderlich war, dass mehrere gesangliche Szenen wiederholt werden mussten.“

In der Folgezeit gab es beim Liederkranz zwar immer wieder Bunte Liederabende im Angerer-Saal mit Einaktern und Gesang, aber zu Theateraufführungen kam es leider nicht mehr. Schließlich zog das Fernsehen in die Familien ein und bot täglich Unterhaltung genug.

Aber ein Nachspiel im positiven Sinn hatte das Ganze, denn schon Jahre zuvor wollte auch die holde Weiblichkeit im Zeichen der Gleichberechtigung im Liederkranz mitsingen. Aber die Herren der Schöpfung brachten immer wieder Bedenken dagegen vor. Nun aber ließen die Damen nach der erfolgreichen Winzerliesel nicht mehr locker, bis die Herren Sänger endlich den Entschluss fassten, ihren Männerchor im Sommer 1955 in einen Gemischten Chor umzuwandeln.

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