"Ehemalige oder existente Gasthäuser unserer Gemeinde" - Heute: Die Gastwirtschaft Lindner in Kainsricht mit Wirtshausg`schicht´n
Alte Gastwirtschaft Lindner in Kainsricht
Eine der ältesten Familien von Kainsricht sind auch die Lindners. Bereits um 1431 weiß man von ihnen und vom Hof seit mindestens 1625. Ihre Gastwirtschaft eröffneten sie im Mai 1952.
Aus dem Sudentenland kommt der erste Pächter Franz Leimer, der die Wirtschaft aber schon 1957 wieder aufgibt.
Ab April 1960 betreibt Alfred Lindner (+ 2.10.2010, 83 Jahre alt) mit seiner Frau Margareta Wiesneth (+12.1.1992), die ebenfalls aus Kainsricht stammt, dann das Gasthaus unter der Hausnummer 11 selber.
Die folgenden Besitzer sind der Sohn Peter (geb. 29.6.1955) und dessen Frau Elisabeth (27.5.1953), eine geborene Frankfurter aus Hirschau. Als diese 2012 das alte Haus abreißen, bekommt die Wirtsstube im Stadel ein „zweites Leben“ und dient seitdem als zwangloser Raum für Familientreffen.
Alte Wirtschaft im Stadel mit Sabine Lindner
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Weltoffenheit und Weitsicht
Der Salesianerpater Alfred Lindner (31.10.1952), Sohn des letzten Wirts, erinnert sich noch gut an die Musikbox im Gasthaus, zu dessen Platten im Fasching und auch nach dem Maibaumaufstellen getanzt wurde. Auch habe er öfter sein Akkordeon herausgeholt, um nicht nur im Fasching gute Stimmung zu verbreiten. An Fasching habe man die Gaststube ein wenig dekoriert und gerne gefeiert, erinnern sich die Lindners.
Einer der ersten Fernseher des Ortes wurde für die Gaststube gekauft. In erster Linie wurden dann dort Sportsendungen angesehen, aber auch Familiensendungen wie „Was bin ich?“ oder Shows und Quiz wie z.B. jenes mit Wim Thoelke.
Doch nicht nur gute Gefühle löste bei manchem jener „Blick in die weite Welt“ aus, sondern auch Ängste wie der Mauerbau 1961 oder die Kuba-Krise 1963. Manche Information bekam man aber auch so alle zwei bis drei Wochen vom Nürnberger Jagdpächter, der regelmäßig einkehrte und mit dem man dann „Weltpolitik“ diskutierte.
Auch so erweiterte sich mancher Horizont und Pater Lindner führt darauf auch die offene und recht liberale Weltsicht seines Vaters zurück, der, aufgeschlossen für Neues, schließlich den ersten Ladewagen und Mähdrescher des Ortes anschaffte.
Diese motivierende Toleranz zeigte sich auch darin, dass er seinen erstgeborenen Sohn Alfred, der ja normalerweise als ältester immer der Hoferbe sein sollte, einen anderen schulischen und beruflichen Lebensweg vorschlug mit seinen Worten:
„Du liest so viele Bücher und bist neugierig auf die weite Welt draußen. Also musst du nach der Volksschule jetzt auf das Kloster-Internat vom Gymnasium Ensdorf gehen und dann das Abitur machen - und dann in München an der Uni studieren, damit du ein guter Lehrer auf dem Gymnasium wirst.
Die Landwirtschaft hat keine gute Zukunft. Ich kann als Bauer nicht so viel Geld für euch alle verdienen. Deswegen gehe ich ja - neben unserer kleinen Landwirtschaft hier - auch jeden Tag zur Firma DEPRAG nach Amberg zum Arbeiten. Dieser Verdienst reicht dann für uns alle“.
Alfred Lindner sen. sprach hier als wahrer Prophet, weil er doch eventuell selber nicht unbedingt als einfacher Landwirt in Kainsricht arbeiten wollte, sondern sich auch in der weiten schönen Welt draußen mehr und besseres vom Leben versprach. Aber diesen persönlichen Wunsch konnte er sich in seiner Zeit im letzten 20. Jahrhundert kurz nach dem 2. Weltkrieg leider noch nicht erfüllen.
Der Brathering in der Küche
In der Lindnerschen Wirtsstube hatten ungefähr 25 bis 30 Leute Platz, doch gerne hielt man sich, gerade unter der Woche, in der warmen Küche auf. Das waren dann oft nur fünf Leute, die gerne vor dem Heimgehen noch einen Brathering aßen, was durchaus als Delikatesse galt.
Kirchweih
Nach alter Tradition fand die Kirchweih alljährlich an bzw. um Johanni, den 24. Juni, statt. 1890 legte man sie – durch staatliches Drängen, um die Kirchweihen einzudämmen - auf den dritten Sonntag im Oktober auf die so genannte „Allerweltskirchweih“.
Aufgrund der Bemühungen der Ortsbewohner wurde sie aber 1949 wieder auf den ursprünglichen Termin zurückverlegt. Als diese aber „einschlief“, entschied man sich ein Dorffest abzuhalten.
Derzeit gibt es fast alljährlich ein Dorffest. 2021 wurde es am Sonntag, den 11. Juli gefeiert, nach einem Jubiläumsgottesdienst anlässlich der vor 40 Jahren stattgefundenen Primiz von Alfred Lindner.
Der Termin der alten Kirchweih an Johanni geht auf das Patrozinium der Kainsrichter Kapelle zurück. Die Ortskapelle wurde 1897 mit einer Lourdesgrotte gebaut. Erster Kirchenpfleger war bis zu seinem Tod mit 66 Jahren am 25.4.1911 Kaspar Ringer.
1953 erhielt die Kapelle in der Dorfmitte einen Altar, damit dort auch Messen gelesen werden können.
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