Manch scheinbar Unmögliches wurde möglich bei der Überschwemmungskatastrophe in Hahnbach
Mehr als zwei Tage höchste Anspannung erlebte unter anderen Stefan Gericke, einer der Hahnbacher Klärwärter und engagierter Schauspieler beim Amberger Welttheater
Auf einen ruhigen Frühsommer mit Einsätzen als Mitspieler beim „Winterkönig“ hatte sich Stefan Gericke dieses Jahr nach unzähligen Proben gefreut. Doch am Sonntag, 2. Juni 2024 kam alles ganz anders.
Bereits bei den Vorbereitungen zum Auftritt am Samstagabend, 1. Juni, klingelte sein Diensthandy per SMS „Alarm“
Das pneumatische Abwassersystem meldete kaputte Ventile und verstopfte Schächte in Irlbach, Kümmersbuch und Kötzersricht. Doch aus dem Spiel sich entfernen war zum Alarmzeitpunkt um 19 Uhr bereits absolut nicht möglich. Die Anspannung wuchs, zumal das Wetter auch in Amberg eine Vorstellung fraglich machte und man erst verspätet beginnen konnte.
Kaum war die schwierige Vorstellung vorbei, fuhr der 42jährige umgehend zum Einsatz, ohne zu ahnen, dass dieser schließlich 15 Stunden dauern sollte
„Ich war hellwach, machte auf der Fahrt zum Einsatz nach Irlbach gleich konkrete Arbeitsvorbereitungen und war voller Adrenalin bis zum Sonntagnachmittag gegen 14.30 Uhr“, erzählt er. Um diese Zeit wurde er dank der intensiven Bemühungen des Einsatzleiters Christian Gräßmann von Ersatzleuten abgelöst und durfte heim fahren.
Zu Hause in Atzmannsricht versuchte er ein wenig auszuruhen, was ihm eine Stunde lang in einem fast komatösen Schlaf auch etwas gelang. Denn er wusste, dass er um 18 Uhr abends wieder zur Vorbereitung hinter den Kulissen des Welttheaters präsent sein musste.
Auf die Frage, ob er dazu nicht zu sehr erschöpft gewesen sei, beginnen seine Augen zu glänzen und er meint: „Wenn man auf der Bühne steht, ist man so unter Adrenalin, da spürt man nichts außer hellwacher Präsenz.“
Doch nicht genug: Nach dem Auftritt am Sonntagabend, musste Gericke „wieder schnell schlafen“, denn am Montagvormittag musste er zur angemeldeten beruflichen Fortbildung bei Landshut sein.
Mit dem Auto also nach Niederbayern, dann Unterricht von 10.30 bis 17 Uhr, Unterricht ebenfalls am Dienstag und Mittwoch, dann Rückfahrt nach Amberg zum Mitspielen, wieder zurück nach Landshut und Unterricht am Donnerstag und Freitag.
Am Samstag und Sonntag wieder nach Amberg: Auftritt beim Welttheater. Ab Montag dann: „normale Arbeit“.
Nicht unerwähnt soll sein, dass zu dem Zeitpunkt, als Stefan Gericke auf der Fortbildung seinen interessierten Kommilitonen von 80 abgesaugten Schächten und ca. 20 definitiv kaputten berichtete, konnten diese das kaum glauben.
Doch bereits tags darauf, profitierten sie von seinem mitgeteilten Wissen, da die Flut nun auch ihre Heimat erreicht hatte.
Sorge machte und macht dem engagierten zweifachen Familienvater vor allem, dass derartige Naturkatastrophen immer häufiger auftreten
„Noch“, so Gericke, „pack ich das alles, mental und körperlich, aber wie wird das sein, wenn ich älter bin? Aber vielleicht macht dann Erfahrung manches wett“, hofft er.
Seine Arbeit als Klärwärter jedenfalls empfindet er als „absolut notwendig, richtig und wichtig“, die aber leider oft erst wertgeschätzt wird, wenn solche Notfälle eintreten.
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