„…sed vivam“: Expressives und tief berührendes Konzert hätte viel mehr Zuhörer verdient gehabt
Das Ensemble „…sed vivam“ spielte und sang in der Pfarrkirche St. Jakobus eine exzellente „Lamentatio“, eine Passionsmusik aus dem Mittelalter und der Renaissance. Das Ensemble gedachte mit ihrem Gastspiel auch des zehnten Todestags des allseits noch gut bekannten und hoch geschätzten Dr. Helmut Schwämmlein.
Dieser hatte das Vorgängerensemble „Musica Antiqua Ambergensis“ gegründet und geleitet. Über fast drei Jahrzehnte lang galten dessen Sänger und Musiker als das führende und vielseitigste Ensemble für alte Musik im süddeutschen Raum. Konzerte bis nach Frankreich, Großbritannien, Italien und Kreta machten die engagierten und perfekt ausgebildeten Vokal- und Instrumentalsolisten, Spezialisten für historische Instrumente und Aufführungspraxis europaweit bekannt.
„…Sed vivam“ („(und sieh) doch, ich lebe“) setzt diese Tradition bestens fort und wählte ihren neuen Namen bewusst nach Schwämmleins Lebensmotto „Memento vivere“, „Denk daran, zu leben“, welches er dem üblichen mittelalterlichen „Memento mori“ „Denk daran, du wirst sterben“ bewusst entgegensetzte.
In ihrer Besetzung mit den Instrumentalistinnen und Instrumentalisten Hildegund Hauser, Achim Stößel, Peter Krüger, Hartmut Rohrmann und Rolf Ulrich Denzer und deren verschiedenen Renaissance-Blockflöten und -Posaunen, Krummhörnern, Traversflöte, Violen (da Gamba), Fidel oder der Zink brillierten sie mit ihrem breit gefächerten Renaissance-Instrumentarium.
Auch der mehrstimmige Gesang der Sopranistin Bettina Haubold, der Altistin und Instrumentalistin Brigitte Weber, des Tenors und Dirigenten Hans-Dieter Zanke und des Baritons und Musikers Eckhard Wolf überzeugte mit glockenhellen innig vorgetragenen Tönen in perfekter Abstimmung.
Im Zentrum des Konzerts standen die „Lamentations of Jeremiah“ von Thomas Tallis und Kompositionen zur biblischen Leidensgeschichte, unter anderem von Cristóbal de Morales, Manuel Cardoso, Tomás Luis de Victoria, Johannes Eccard und Andreas Rauch, Don Carlo Gesualdo da Venosa, sowie die Instrumentalmusik von Anthony Holborne, Estêvao Lopes Morago und John Dowland.
Dezent und anrührend, dann wieder verhalten hoffnungsvoll und Seelen tröstend, sonor, ruhig und innig andachtsvoll folgte man zu einem guten Teil der Passion Christi, einem weit über das Mittelalter und die Renaissance hinausgehenden zentralen Thema der Musik.
Aber auch die hochemotionalen Texte der Jeremiasklagen über die Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch den Babylonier Nebukadnezar II im Jahr 587 v. Chr. oder das Bekenntnis des Verlorenen Sohn mit „Pater, peccavi“, „Vater, ich habe gesündigt“ bewegten die Zuhörer.
Alle Trauer und großer Kummer aber wurde immer wieder aufgefangen in einem tiefen Gottvertrauen und selbst die Leidensgeschichte endete deshalb in sicherer Zuversicht und einem tiefen Gefühl der Geborgenheit in Gott.
So war auch die erklatschte Zugabe des „Bleibe bei uns, Herr“, der Bitte der beiden Jünger an den unerkannten Jesus bei ihrer Ankunft in Emmaus bester Schlusspunkt des expressiven und tief berührenden Konzerts, welches allerdings viel mehr Zuhörer verdient hätte.
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