Erst Rathaus, dann Amtsgericht, jetzt Brunnen - Vilseck hat um Amtssitz gezittert und gekämpf

Die jüngere Generation hat es nicht mehr vor Augen, das Amtsgerichtsgebäude mitten auf dem Marktplatz. 1973 wurde es abgerissen. Seinen Platz nimmt heute eine schmucke Grünanlage mit einem plätschernden Brunnen ein.

Lange bevor Vilseck ein eigenes Gerichtsgebäude hatte, befand sich in der Marktplatzmitte das Rathaus. 1838 bewilligte König Ludwig I. die Bildung eines Landgerichts in Vilseck. Die Bürger erboten sich, das Rathaus als Amtsgebäude zur Nutzung herzugeben und einzurichten. Das Innere wurde gänzlich umgebaut, nur ein Magistratszimmer blieb für die Stadtverwaltung übrig.

Am 23. August 1864 entstand nachts um 22:30 Uhr im Fischer-Pröls-Anwesen eine Feuersbrunst, die so schnell um sich griff, dass bald 23 Gebäude in Flammen standen. Vom Forstamtsgebäude aus flogen die Funken gegen das hölzerne Rathaustürmchen. Da der obere Boden des Gebäudes nicht gebrettert war und man nicht nahe genug an den Brandherd heran konnte, verbreitete sich das Feuer über den ganzen Dachstuhl und von da über das ganze große und schöne Gebäude, welches zwei Tage lang in vollen Flammen stand und gänzlich ausbrannte, so schrieb der Chronist Dr. Josef Gräßmann.

Leider war dieses Gebäude nur mit 4.000 Gulden versichert und dadurch die Möglichkeit des Aufbaues bei gänzlicher Mittellosigkeit der Kommune sehr zweifelhaft. So wurde die Ruine dem Staat als Geschenk zum Wiederaufbau angeboten.

Der Magistrat selbst richtete sich im Schlögel-Anwesen, Kirchgasse 136, einem Haus zwischen dem heutigen Haus der Familie Andraschko und dem jetzigen alten Schulhaus ein und blieb dort, bis eine erneute Feuersbrunst 1886 auch dieses Gebäude vernichtete, also 22 Jahre lang. Danach kaufte die Stadt auf dem Marktplatz die Gastwirtschaft „Zum wilden Mann“ für 11.750 Mark und richtete dort das Rathaus ein.

Der Staat also ließ auf dem Marktplatz ein neues Landgerichtsgebäude bauen, dahinter einen Ziergarten mit Holzplatz und Brunnen. Eugen Joachim Hierold schrieb dazu in seiner Roten Chronik: Das Gebäude ist ein Riesenkubus.

Der Planzeichner habe jeden Kunstgeschmack vermissen lassen und nur den Zweck des Baues im Auge gehabt. Er glaubte wohl, dem Äußeren schon die Freudlosigkeit und Gefühllosigkeit der in ihm arbeitenden Staatsmaschinerie aufprägen zu müssen. Es bleibt ein Fremdkörper im Stadtbild, so lange es steht.

Nach einem Gesetzeserlass und einer Organisationsverordnung wurde das Landgericht 1879 in ein Amtsgericht umgewandelt. Am 1. März 1945 wurde es eine Zweigstelle des Amtsgerichts Weiden und beherbergte auch das Notariat. Jedoch ab 1922 tauchten immer wieder Überlegungen und Verordnungen auf, die auf das Ende des Gerichtssitzes in Vilseck hinzielten.

Über 600 Jahre war innerhalb der Mauern der alten Stadt Recht gesprochen worden. Deshalb nahmen es die Vilsecker nicht tatenlos hin, dass ihr Amtsgericht aufgelöst werden sollte. Die jeweiligen Bürgermeister und Räte kämpften erbittert beim Landtag und Justizministerium um den Erhalt dieser Behörde. Eingaben, Bittgesuche, Resolutionen und Protestversammlungen nahmen kein Ende. Es war ein ständiges Hin und Her, ein immer wiederkehrendes Ja und Nein.

Doch alle Empörung half letztendlich nichts. 1969 verlor die Stadt Vilseck, wie viele andere kleine Städte, ihr Amtsgericht. Dem Zeitgeist der Zentralisierung musste auch Vilseck dieses Opfer bringen.  

Wenn das Gebäude auch keine große Zierde für das Stadtbild war, so  wurde es doch im September 1973 schweren Herzens abgerissen. Zudem war auch die Engstelle für den Verkehr beseitigt. Ältere Mitbürger sind aber immer noch der Meinung, dass das Amtsgericht dem Marktplatz einen geschlossenen Rahmen gegeben habe und dass der Denkmalschutz heutzutage sein Veto gegen den Abriss einlegen würde.

„Marktplatz in den 1950er Jahren“: Fast romantisch wirkte der Marktplatz in den 1950er Jahren mit dem Amtsgerichtsgebäude im Mittelpunkt. Burg Dagestein grüßt hinter dem Forstamtsgebäude und dem Gasthof zum Hirschen

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„Amtsgericht mit Vogelturm“: Eine Engstelle für Autos und Fußgänger war das Amtsgerichtsgebäude, so lange es auf dem Marktplatz stand

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„Rathaus 1850“: In der guten alten Zeit, hier ein Bild aus dem Jahre 1850, wurde im Rathaus mitten auf dem Marktplatz auch für Recht und Ordnung gesorgt

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