Vilseck-Schlicht: Bahnhof in Schlicht

Vierzig Jahre lang gab es in Schlicht einen Bahnhof, besser gesagt, ein Wartehäuschen. Nur die ältere Generation kann sich noch daran erinnern

Auf der Bahnlinie Weiden-Neukirchen liegt etwa auf halber Strecke der Bahnhof Vilseck. Fuhr man früher von Vilseck in Richtung Nürnberg weiter, kam nach einem Kilometer schon die Haltestation Schlicht. Noch heute spricht man vom Schlichter Bahnhof, obwohl es sich nie um einen Bahnhof im herkömmlichen Sinn handelte. Die Gemeinde Schlicht hatte dort 1929 auf Bahngrund ein kleines Wartehäuschen errichtet.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Gleisanlage befand sich das Bahnhäuschen Numero 14. Dort wohnte der Bahnarbeiter Josef Schraml mit seiner Gattin Maria. Bei ihr konnte man Fahrkarten kaufen. Wenn Frau Schraml Fahrgäste am Bahnhof erspähte, lief sie einfach über die Schienen, um ihrer Verpflichtung nachzukommen. Später erhielt man die Tickets nur im Zug. Das Bahnhäuschen war später von Frau Zeitler und danach von Familie Kreuzer bewohnt, die aber nichts mehr mit dem Bahnverkehr zu tun hatten.

Oma Kreuzer habe seinerzeit ihre Wäsche immer übers Gleis getragen und neben dem Bahnhof zum Trocknen aufgehängt, wird erzählt. Ihrem Mann sei deshalb mit Strafe gedroht worden, und er habe daraufhin einen Zaun um das kleine Bahnhaus gemacht, um sich vor Strafe und seine Frau vor Unglück zu bewahren. Inzwischen ist das Häuschen verkauft, wird jedoch nicht mehr bewohnt und verwahrlost zusehends.

In Schlicht hielt der Zug immer nur kurz an. Wenn man aus- oder einsteigen wollte, durfte man nicht trödeln. Das Ankündigen beim Schaffner, in Schlicht aussteigen zu wollen, war auf jeden Fall sinnvoll. Dann nämlich blieb die Zugtüre entsprechend länger offen. Es ist schon vorgekommen, dass eine Reisende beim Aussteigen stürzte und beinahe unter die Räder gekommen wäre.

Mutter und Schwester von Maja Wiesnet warten 1954 an der Haltestation Schlicht auf den Zug nach Weiden

„In Schlicht warf der Schaffner täglich den Postsack mit den Briefen aus dem Wagon, und mein Mann Rudi musste sich dann dort die Sachen abholen“, weiß Postboten-Gattin Maja Wiesnet zu berichten. „Abends brachte er dann den Postsack mit den neuen Briefen und Päckchen wieder an die Bahnstation zur Weiterbeförderung nach Nürnberg“, so die 96-jährige Schlichterin.

In den 1950er Jahren lieferten die Bauern auch ihre Milch hinauf zum Bahnhof und stellten die Kannen am Wartehäuschen ab. Hier wurden sie eingeladen und nach Weiden befördert. Vermutlich sind die leeren Kannen abends auch wieder in Schlicht ausgeladen worden. Der Personenverkehr war seinerzeit vermutlich eher dürftig. Nur Kinder, die die Oberschule in Weiden besuchten, fuhren mit der Eisenbahn.

Aus Schönlind aber, wo ebenfalls eine Haltestation war, kamen sonntagmorgens die sogenannten Messweiber mit dem Zug nach Schlicht. Sie besuchten in der Pfarrkirche die heilige Messe und tätigten anschließend auch noch kleine Einkäufe. Weil der Zug jedoch nicht auf sie wartete, musste alles meist sehr schnell gehen. „Oft sind die Frauen vorzeitig aus der Kirche gegangen, manchmal noch vor dem Segen“, erzählt ein Augenzeuge. „Wenn der Zug aber schon weg war, liefen sie auch manchmal verbotener Weise auf den Gleisen heim, durften sich aber dabei nicht erwischen lassen.“

1962 wurde das Wartehäuschen nach Aufforderung der Bundesbahn von der Gemeinde Schlicht renoviert und instandgesetzt, ansonsten wäre es abgerissen worden, heißt es in einem Zeitungsartikel.

Ein Zeitungsausschnitt von 1962 berichtet über die erfolgte Renovierung des Wartehäuschens

Es hatte den Reisenden bei regnerischem und kaltem Wetter lediglich als Aufenthaltsort gedient. Der Bahnverkehr ist in den letzten Jahren sehr abgeflacht, und es halten täglich nur mehr drei Personenzüge, so stand es damals in der Zeitung.

Wahrscheinlich wurde der Standort Schlicht Ende der 1960er Jahre wegen zu geringer Frequentierung für den Personenverkehr geschlossen, außerdem war ja auch der Vilsecker Bahnhof nicht weit entfernt.

1971 brannte es im Wartehäuschen. Bald danach hat man es abgebrochen, und seitdem gehört es der Vergangenheit an.

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