Vilseck: Seit 110 Jahren zahnärztliche Versorgung - Um Vilseck verdient gemacht, Martin und Erwin Dorner
Die alte Praxiseinrichtung von Martin Dorner ist im Stadtmuseum Amberg zu bestaunen
Am 1. Dezember 1913, also vor 110 Jahren, eröffnete Dentist Martin Dorner im Pflegschloss neben den Räumen der einstigen Stadtapotheke (Alte Apotheke) sein „Atelier für künstlichen Zahnersatz“, so heißt es in einer Zeitungsanzeige.
In der Annonce stellt Dorner sein umfangreiches Aufgabengebiet vor: „Zahnziehen in den schwierigsten Fällen fast schmerzlos (mit lokaler Betäubung ohne Narkose).
Spezialität: Kronen- und Brückenarbeiten, Zahnersatz ohne lästige Gaumenplatte, Gebisse in Kautschuk, Aluminium und Silikat, Moderne Plomben in Gold, Porzellan, Magnalium, Gold- und Silberamalgam, Übernahme von Kinderbehandlungen, Umarbeitung von Zahnersatzteilen, Auskünfte und Untersuchen der Zähne kostenlos, schonendste und gewissenhafteste Behandlung.“ Dies war für die damalige Zeit ein großer Fortschritt und ein Riesenangebot.
Dentist Martin Dorner (1889-1968)
Martin Dorner ist 1889 in Haag (jetzt Truppenübungsplatz) als Sohn des dortigen Baders Johann Dorner und als Enkel des ebenfalls approbierten Baders Pius Dorner geboren
Im 1. Weltkrieg war Martin als Unteroffizier und Sanitäter in Frankreich im Einsatz. Nach seiner Rückkehr und der Ausbildung zum Zahntechniker und Dentist eröffnete er in der Herrengasse besagte Praxis und heiratete 1921 Maria Fick aus dem Nachbarort Wolfslegl. Bald kamen Sohn Erwin und Tochter Martina zur Welt.
Da die Geschäfte in Vilseck sehr gut gingen, konnte sich die junge Familie 1927 in der Schlichter Straße ein Haus bauen und dort die zahnärztliche Praxis einrichten.
Martin Dorner war ein sehr hilfsbereiter und sozial eingestellter Mann. So verwundert es nicht, dass er 1920 zusammen mit dem Apotheker Otto Eckstein das Rote Kreuz (Sanitätskolonne) in Vilseck gründete und auch Kolonnenführer war. In unzähligen Stunden gab er Unterricht in Krankenpflege und Verletztenhilfe.
Als „Kolonnenvater“ bezeichnet, wurde er auch zum Ehrenkolonnenführer ernannt und an seinem 70. Geburtstag 1959 besonders gewürdigt.
Dorner war auch Mitglied im Veteranen- und Kriegerverein, Turnverein, Zitherclub und Kolping-Gesellenverein. Er starb am 6. März 1968 an einem Bronchialcarcinom.
Zahnarzt Erwin Dorner (1922-2008)
Wie ging es nun mit der Zahnarzt-Familie Dorner weiter? Für Sohn Erwin, geboren 1922, stand bald fest, dass er die Nachfolge seines Vaters antreten würde. Er studierte nach seiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft 1948 in München Zahnmedizin und legte 1955 das Staatsexamen ab.
1956 erhielt er die Bestallung als Zahnarzt. Erwin übernahm die väterliche Praxis und stattete sie mit einer neuen Einrichtung aus. 1954 heiratete er Martina Huger aus Weiden. Sohn Roman kam 1957 zur Welt.
Die alte, ausgediente Einrichtung seines Vaters fristete auf dem Dachboden jahrelang ein trauriges Dasein, bis Erwin sie dem Stadtmuseum Amberg als Schenkung übergab. Seit 2009 ist dort nun die komplette Zahnarztpraxis von Martin Dorner mit allen Instrumenten und Utensilien zu besichtigen.
Die Zahnarzt-Tätigkeit ging für Erwin Dorner oft weit über den Feierabend hinaus. Nicht selten riefen Zahnschmerzgeplagte auch in der Nacht an und baten um einen Besuch. Dann machte er sich mit seinem Notfallkoffer auf den Weg und behandelte die Patienten in ihren Wohnungen.
In der Freizeit widmete sich Erwin Dorner seinem großen Hobby, dem Filmen. Mit seinem Nachbarn Eugen Hierold, dem Lehrer, Historiker und Heimatforscher, war er viel unterwegs und hielt alle Ereignisse in Stadt und Land mit der Super-8-Kamera fest.
Jetzt befinden sich die Rollen und Cassetten mit seinen historischen Aufnahmen im Stadtarchiv Vilseck. Das filmische Festhalten der Stadtgeschehnisse übernahm auf Anraten von Erwin Dorner ab 1990 sein Nachbar Oswald Ringer.
Traurig war Dorner, als er aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen zum 31.12.1998 seine kassenärztliche Zulassung (Altersbeschränkung 68 Jahre) abgeben musste. Er hätte gerne noch weiter praktiziert, musste sich aber schweren Herzens fügen.
Leidenschaftlich widmete er sich noch bis zu seinem Tod der Malerei und der Ahnenforschung. Am 17. April 2008 verstarb er an einem Kehlkopfcarcinom.
Roman Dorner und seine Familie (von links) Roman, Monika und Stefan Dorner vor ihrer Zahnarztpraxis in Pentling bei Regensburg
Auch wenn Sohn Roman nicht Zahnarzt werden wollte, trat er dennoch auf medizinischem Gebiet in die Fußstapfen seiner Vorfahren. Er machte in Regensburg eine Ausbildung zum Kranken- und Gesundheitspfleger.
Nach dreijähriger Weiterbildung zum Pflegedienstleiter übernahm er 1995 die Station für Mund,- Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) an der Universitätsklinik Regensburg und leitete diese bis zu seinem Renteneintritt 2021.
1975 heiratete er Monika Fenk, die bei seinem Vater Erwin bereits als Zahnarzthelferin tätig war.
Beide bauten sich 1980 in Pentling bei Regensburg ein Haus und bekamen drei Kinder. Monika machte auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur, studierte dann in Regensburg Zahnmedizin und schloss 1997 mit dem Staatsexamen ab. Anschließend war sie als Zahnärztin im Angestelltenverhältnis tätig und eröffnete 2004 ihre eigene Zahnarztpraxis in Pentling.
Und wie das Leben so spielt, stieg Sohn Stefan in die Fußstapfen seines Großvaters und wurde ebenfalls Zahnarzt. Er ist seit 2013 als angestellter Zahnarzt in der Praxis seiner Mutter tätig. Sicher wird er in absehbarer Zeit die Praxis auch übernehmen und hoffentlich das Zahnarzt-Dorner-Gen an seine Nachkommen weitergeben.
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