Vilseck: Alte Vilsecker Geschäfte (Fortsetzung)
Unsere Serie über alte Vilsecker Geschäfte setzen wir heute in der Breiten Gasse fort.
Das Staabauern-Haus in der Breiten Gasse um 1962. Die Bierwirtschaft war bereits geschlossen. Der Ladenumbau erfolgte 1967
Im Haus Nr. 3 wohnt Familie Weiß, Hausname Staabauer. Auf dem Anwesen Weiß befand sich 236 Jahre lang eine Metzgerei, und hier könnte es sich um die älteste ansässige Metzgerei Vilsecks handeln.
Viele Metzgersfamilien betrieben früher zusätzlich eine Gastwirtschaft, wo sie ihre Ware gleich verkaufen konnten, so auch Familie Weiß.
Wenn man sich im Hausgang befand, ging es links in die Gaststube, die zum sonntäglichen Frühschoppen, an der Kirwa oder an Markttagen gerne aufgesucht wurde. Freitags kamen nach Feierabend auch die Arbeiter mit ihren Lohntüten und gönnten sich beim Kartenspiel ein paar Bauernseufzer und eine Maß Bier. Auch so mancher Leichtrunk wurde beim Staabauern abgehalten.
Im Hausgang rechts war der Eingang zur Metzgerei. Die Kunden mussten an der Glocke ziehen, wenn sie im Laden einkaufen wollten.
Hans Weiß (1939-2021) hatte das Metzgerhandwerk von seinem Vater Johann (1898-1990) erlernt. 1962 legte Hans in Landshut die Meisterprüfung ab und übernahm mit seiner Frau Agnes das Anwesen mit Landwirtschaft und Metzgerei. Da das Geschäft sehr gut lief, vergrößerte man 1967 den Laden und versetzte die Eingangstüre in die Breite Gasse. Für das Betreiben der Bierwirtschaft reichte die Zeit nicht mehr aus, und sie wurde deshalb geschlossen.
Opa Johann Weiß, der früher auch Hausschlachtungen durchführte, unterstützte seinen Sohn bis ins hohe Alter. Er machte sich aufgrund seines handwerklichen Geschicks im Schlachthaus und in der Metzgerei unentbehrlich. Seinen Beruf liebte er über alles und sagte immer wieder: „Es git nix Schöiners wöi an Metzger!“
2004 gingen Hans und Agnes Weiß in den wohlverdienten Ruhestand und gaben das Geschäft auf.
Zum Foto „Metzgerei Weiß“:.
In der Breiten Gasse Haus Nr. 13 (links) befand sich neben der Sattlerei und Polsterei Meiler auch ein Verkaufsladen. Rechts das Götz-Anwesen (Houder), dazwischen das Hutergässchen (Houdergassl)
Geht man in der Breiten Gasse auf derselben Straßenseite weiter hinauf, gelangt man zur Haus-Nr. 13. Hier lebten die Eheleute Franz und Anna Meiler, geb. Rothballer, mit ihren drei Kindern Marianne, Gertraud und Franz jun. Letzterer war später Stadtpfarrer von St. Martin, Amberg.
Der vorherige Hausbesitzer war der Schreiner Bartholomäus Grünwald. Familie Rothballer wohnte zur Miete im Haus. 1928 schaute sich der frischgebackene Sattler- und Polstermeister Franz Meiler (1902-1964) aus Grafenwöhr in Vilseck nach einer Bleibe um und wurde in der Breiten Gasse fündig.
Er wohnte bei Grünwald im ersten Stock zur Miete, richtete sich in der alten Schreinerei im Erdgeschoss eine Sattlerwerkstatt ein und machte sich selbständig.
Da die Rothballers drei Töchter hatten, Anna, Maria und Theresia, die dem jungen Werkstattbetreiber nicht gerade absichtlich aus dem Weg gingen, war ein sporadisches Zusammentreffen auf der Treppe nicht zu vermeiden. Und so geschah es, dass sich der junge Franz Meiler beizeiten in eine der Töchter, nämlich in Anna (1912-1995) verliebte und sie 1933 auch heiratete. 1936 verkaufte die Witwe Grünwald das Haus an das junge Paar.
Mit dem Anfertigen von Pferdegeschirren, Sofas, Sesseln und Matratzen war Franz Meiler gut beschäftigt. Sein Neffe Georg Meiler aus Grafenwöhr vollendete bei Onkel Franz in Vilseck seine Sattlerlehre mit dem Gesellenbrief und legte später in Nürnberg auch die Meisterprüfung ab. Schorsch arbeitete danach in anderen Orten als Sattler und Raumausstatter und half auch immer wieder gerne bei seinem ehemaligen Lehrherrn aus.
Wenn man durchs Houdergassl ging, konnte man die beiden durch das Werkstattfenster beobachten, wie sie fleißig an der Arbeit waren.
Anfang der 1950er Jahre richteten sich Franz und Anna Meiler zusätzlich einen kleinen Verkaufsladen ein. Hier waren unter anderem Lederwaren wie Koffer, Schultaschen und Geldbörsen, sowie Vorhangstangen und Haushaltszubehör erhältlich. Bei Meiler gab es auch Bodenbeläge, die bei Kunden persönlich verlegt wurden. Später war im Geschäft auch noch eine Reinigungsannahmestelle. Leider verstarb Franz Meiler sen. bereits mit 62 Jahren an Magenkrebs.
Tochter Marianne berichtet, dass ihre Mama manchmal Bodenbeläge nur verkaufen konnte, wenn sie auch von ihr verlegt wurden. So musste Marianne hin und wieder nach Feierabend noch zur Kundschaft fahren und unter Mithilfe ihrer Mutter Stragula oder Linoleum passgenau messen, zuschneiden und verlegen.
Anna Meiler führte den Laden noch bis 1983 weiter. Tochter Gertraud war längst aus dem Haus und mit Rüdiger Kragl verheiratet.
Sohn Franz, der 1976 zum Priester geweiht worden war, wurde 1988 Stadtpfarrer in St. Martin. Anna und Marianne zogen schließlich zu ihm nach Amberg in den Pfarrhof und führten dort den Haushalt.
Anna Meilers jüngste Schwester, Theresia Rothballer, war ledig und wohnte bis zu ihrem Tode 1997 im Vilsecker Elternhaus. Seitdem ist das Meiler-Haus unbewohnt.
Altes Maulbeck-Haus
In diesem Haus in der Breiten Gasse hatte der sogenannte Obere Maulbeck seine Bäckerei und den Verkaufsladen. Am 1. Januar 1979 gaben Heinrich und Maria Maulbeck das Geschäft auf
Nun brauchen wir nur quer über die Breite Gasse an den Kastanienbäumen vorbeigehen, dann treffen wir auf das Haus Nr. 14 der Familie Maulbeck.
So wie es hinten in der Herrengasse früher einen Bäcker gab, nämlich den hinteren Maulbeck (wir berichteten), gab es auch oben in der Breiten Gasse einen Bäcker namens Maulbeck, und zwar den oberen Maulbeck. Die Vorfahren waren verwandt.
Das Bäckerhandwerk übte Heinrich Maulbeck (1910–1999) in dritter Generation aus. Da er als einziger Sohn mit fünf Schwestern aufwuchs, blieb ihm nichts anderes übrig, als ebenfalls Bäcker zu werden, obwohl er gerne den Beruf des Försters ergriffen hätte.
Nach der Lehre bei seinem Vater Franz (1870-1956) verdingte er sich als Geselle einige Jahre in Ober- und Niederbayern und legte in München die Meisterprüfung ab.
Als er 1947 aus Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrt war, übernahm er das elterliche Anwesen. Seine Schwester Anna stand ihm in der Bäckerei zur Seite, während sich Schwester Betty mehr um die kleine Landwirtschaft kümmerte.
Es ist überliefert, dass sein Vater, Franz Maulbeck, gerne in der Nachbarschaft die Hutzerstuben besuchte und manchmal etwas zu spät ins Bett kam. Da er aber nach ein paar Stunden Schlaf schon wieder in die Backstube musste, gelangen ihm ab und zu die Semmeln und Spitzeln nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. So kam es schon mal vor, dass er aus Wut die misslungenen Teile einfach aus dem Fenster warf. Vorbeilaufende Kinder aber klaubten das Gebäck auf und freuten sich über die unerwartete Zuwendung.
1950 war Hochzeit im Hause Maulbeck. Heinrich heiratete Maria Stich (1919-1997), die neben Haushalt und Kindererziehung im Laden das gute Brot, die Semmeln, Weckln und Spitzln verkaufte, später auch die Nußhörnchen, Schnecken und Amerikanerler. Auch Lebensmittel waren in dem kleinen Kramerladen erhältlich.
Die Nachbarinnen brachten am Samstagnachmittag noch rasch ihren Kuchenteig im Guglhupf in die Backstube, wo man für 20 Pfennige die restliche Backofenwärme noch zum Kuchenbacken nutzten konnte.
Ende 1978 gaben Heinrich und Maria Maulbeck die Bäckerei und den Laden auf. Sohn Georg brach das alte Haus 1986 ab und erbaute an gleicher Stelle ein neues Wohnhaus.
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